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Kommentar zur Großen Koalition: Sie klebt!

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Nicht Frau Merkel, aber es hält. (via GareandKitty, Flickr)

Harmonie und Selbstzufriedenheit sind in politischen Koalitionen eine echte Seltenheit. Noch seltener jedoch sind sie echt. Die Koalitionsklausur in Meseberg geriet deshalb nach Monaten schwarzroten Zwists zur Showveranstaltung erster Güte. Das Signal: Wir halten durch und grinsen noch dabei.
Die demonstrative gute Laune, ausgerechnet vom wiedervereinten Politpaar Merkel und Müntefering verbreitet, zeigt vor allem: Rot und Schwarz bleiben mangels Alternativen für die nächsten zwei Jahre weiter eng verbunden. Damit auf SPD-Seite der Kleber nicht trocknet, gab es dieses Mal ein bisschen Sozialprogramm (für Kinder) und eine Prise Wirtschaftsstaatsschutz (für die Firmen). Freilich für beide Seiten kein schlechter Deal: So soll der erstarkenden Linkspartei das Wasser abgegraben werden, außerdem handelt es sich um Konsensthemen. Der Klimadeal, der freilich in den Augen vieler Kritiker nur halbherzige Maßnahmen beinhaltet und Schein-Tabus wie ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen ausspart, tut zwar einigen Unions-Mitgliedern etwas weh, ist aber verkraftbar. Denn immerhin kann man sich nun in den nächsten Wahlkämpfen die “Wählt die Klimaretter“-Plakette ans Revers heften.

Anheften möchte sich momentan auch der SPD-Vorsitzende Kurt Beck einige Attribute: “Rentenretter“ , “Nazijäger“, aber dann doch am liebsten “Kanzlerkandidat“ – oder besser, erst einmal “programmstarker Parteivorsitzender“.
Während für Merkel, deren innerparteiliche Gegner mittlerweile nur noch mit dem Mikroskop wahrzunehmen sind, sich der Titel “Kompromisskanzlerin“ im Wahlkampf durchaus auszahlen könnte, wäre für Beck das Prädikat “Kompromisskanzlerkandidat“ weniger schmeichelhaft. So verdecken die Unions-Zugeständnisse an die SPD nur die Streitigkeiten, die bei den Themen innere Sicherheit und flächendeckender Mindestlohn drohen. Hier dürfte die Beck’sche SPD, aber auch die Union unversöhnlich bleiben. Denn nicht zuletzt geht es in den nächsten beiden Jahren um Profilschärfung – und die Themen Mindestlohn und innere Sicherheit könnten zwei Wahlkampfgassenhauer liefern, die vor den zahlreichen Landtagswahlen 2008 auf so manchen Marktplätzen erschallen werden.

So wird der Koalitions-Klebstoff zwar langsam austrocknen, aber bis 2009 halten. Doch wenn die Wirkung des Lösungsmitteldampfes, mit dem Merkel und Müntefering ihre Parteien und die Medien heute berauschen bzw. beruhigen wollten, verflogen ist, könnte dem ein oder anderen Parteisoldaten manch unangenehme Frage einfallen. Zum Beispiel die, was eigentlich aus den früher so heiß diskutierten Themen wie Lohnebenkostensenkung oder Staatsschuldenabbau geworden ist.

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