Becksteins neuer Arbeitsplatz in München. (Bild Martinroell, Flickr)
Seit gestern ist es amtlich: Mit Günther Beckstein steht beinahe 45 Jahre nach Hans Erhard wieder ein Franke an der Spitze des Freistaats Bayerns, gleichzeitig ist der Hersbrucker der erste Protestant im Amt. Wegen der anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen im Jahr 2008 macht sich der CSU-Politiker gleich daran, sein soziales Profil zu stärken – bislang war der 63-Jährige vor allem als Hardliner in Sicherheits- und Ausländerfragen aufgefallen. Am Wochenende bekundete er öffentlich Sympathie für den Vorschlag, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für ältere Arbeitnehmer zu verlängern, weitere Wähler-Wohltaten wie die Abschaffung des Büchergeldes werden derzeit geprüft.
Der Macht des Mittelfranken dürfte der neue CSU-Parteivorsitzende Erwin Huber wenig entgegen zu setzen haben: So sitzt dieser dem Ministerpräsidenten weisungsgebunden als Wirtschaftsminister (oder bald als Leiter des Finanzressorts, wenn man Gerüchten Glauben schenkt) am Münchner Kabinettstisch. Der Tenor in der Partei scheint eindeutig: Bei einem Unions-Wahlsieg 2009 muss Huber ins Bundeskabinett wechseln, um sich weitere Rückendeckung der Parteiführung zu sichern. Gleichzeitig muss Huber, um die Strauß’sche Tradition der CSU-Eigenständigkeit (gerne als Querschießerei übersetzt) zu wahren, bayerische Akzente setzen und nicht nur gegen die Bundes-SPD wettern, sondern sich auch auf Kosten der Schwesterpartei profilieren. Weil er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eigentlich gut kann, dürfte dies keine einfache Aufgabe sein.
Bis zum größeren Generationswechsel zur Landtagswahl 2013 dürften Beckstein und Huber fest im Sattel sitzen – doch während der Mittelfranke dank geneigter Wählers- und Fraktionsgunst in dieser Zeit an der Krönung seines Lebenswerks arbeiten kann, muss der Niederbayer Huber erst beweisen, dass er auch auf der großen Bühne bestehen kann. Manch einer mag sich da an den Schrumpfprozess von Theo Waigel denken, der als CSU-Vorsitzender und Finanzminister in Bonn aus der Ferne beobachten musste, wie sein Erzfeind Edmund Stoiber in München immer mehr Macht und Deutungshoheit an sich riss. Diese Zementierung von Stoibers Einfluss wurde ironischerweise erst Anfang des Jahres mit dem Putsch von Kreuth komplett überwinden.