„Dürften wir Ihren Ausweis sehen?“ (Foto: M. Foley Photography, Flickr)
Die bereits zuvor entschiedene US-Vorwahl der Demokraten erlebt mit dem (in etwas Spin getränkten) Abgesang auf Hillary Clinton einen letzten Höhepunkt. Als gäbe es aus dem Wahlstaat Indiana nichts anderes zu berichten – zum Beispiel die Änderung des Wahlrechts, die der Supreme Court vergangene Woche in einer Entscheidung bestätigt hat.
Dem Gesetz zufolge, das von der dortigen republikanischen Mehrheit beschlossen wurde, müssen sich Wähler ab sofort beim Urnengang mit einem Ausweis inklusive Foto identifizieren können. Wer keinen Führerschein oder Pass besitzt, darf nicht abstimmen. Für uns in Deutschland klingt dies normal – doch in den USA gibt es keine Ausweispflicht.
Wer durch die neuen Regelungen benachteiligt ist, wird auf den zweiten Blick klar: Ältere, Arme und junge Studenten. Ein Beispiel: Wer keinen Pass oder Führerschein hat, muss für eine Identifikation (“Non-Driver-ID“) zum Bezirksamt – das ist in Flächenstaaten oft 20-30 Meilen entfernt, dorthin zu kommen verlangt größere Mobilität (ach, hätte man doch ein Auto und einen Führerschein…oh, dann bräuchte man ja gar nicht dorthin…). Weitere Hindernisse: Die benötigte Geburtsurkunde, in dessen Besitz wohl nicht jeder ist, der in “ungeordneten Verhältnissen“ lebt. Zudem kostet der Ausweis 13 Dollar, keine kleine Investition für sozial schwache Bürger, damit sie ihr Wahlrecht ausüben können. Beispiel 2: Wer als Student in Indiana an der Uni ist, aber z.B. aus Michigan stammt und dort seinen Führerschein gemacht hat, darf ebenfalls nicht abstimmen – die Wahlhelfer akzeptieren nur Führerscheine des Staates Indiana.
Mit 6:3 Stimmen hat der US-Supreme-Court das Gesetz aus Indiana nun bestätigt, ähnliche Regelungen existieren auch in einem halben Dutzend anderer Staaten. Die Entscheidung hat allerdings einen sehr bitteren Beigeschmack, sollte die Interpretation zutreffen, dass ein liberalerer Richter zustimmte, um für spätere, “wichtigere“ Fälle die milderen Konservativen im Supreme Court auf seiner Seite zu haben. Interessant mutet auch der Präzedenzfall an, den die Gesetzgeber aus Indiana vor Gericht als Begründung für die neue Regelung angaben: Man bezog sich auf einen Fall von Identitätsdiebstahl aus dem 19. Jahrhundert.
Die ungebrochen hohe Wahlbeteiligung in Indiana scheint den Verfechtern des Gesetzes recht zu geben – da fallen die paar Studenten und Nonnen, die Medienberichten zufolge das Wahllokal unverrichteter Dinge verlassen mussten, nicht weiter ins Gewicht. Vor allem Staaten mit republikanischen Mehrheiten (u.a. die Riesenstaaten Texas und Kalifornien) wollen nun dem Beispiel von Indiana folgen und möglichst rasch ihre Gesetze anpassen. Ob im gleichen Zug die Zugangshürden zu solchen Identitätspapieren erleichtert werden, ist stark zu bezweifeln. Auch wenn es Zeit ist, die zahlreichen Toten aus den amerikanischen Wählerregistern zu beseitigen: Was aktuell passiert, erinnert schwer an das das Vote Caging aus dem Jahre 2004.