Obamas Sieg offenbart eine weitere Bush-Erblast: Die Republikaner stehen programmatisch und personell schwer geschwächt da. Sollten sich die Flügel nicht einigen, drohen lange Jahre der quälenden Selbstfindung auf der Oppositionsbank.
Bye, Bye oder Rückwärtsgang? (via Brettlider, Flickr)
Das Erbe der Bush-Administration, es wird in Raten ausbezahlt: Zwei Kriege, eine kaputte Wirtschaft und seit gestern auch für alle offensichtlich, eine heruntergewirtschaftete Partei. Die gestrige Niederlage der Republikaner ist auch der Untergang von Karl Roves Traum, die Vereinigten Staaten durch eine geistig-moralische Wende auf Jahrzehnte zu einer konservativen Nation zu machen.
Amerika ist kein Einzelfall: Der Konservatismus ist auch in Europa, trotz einer Vielzahl an Regierungschef, programmatisch und moralisch angeschlagen. In Frankreich und England, mit Abstrichen in Deutschland, haben die konservativen Parteichefs den Weg zum pragmatischen Populismus eingeschlagen, schmerzhafte programmatische Diskussionen aber ausgespart. Auch bei den Republikanern gibt es Bestrebungen, den Weg zurück zum Populismus zu finden, wie bereits im Vorwahlkampf der Erfolg von Mike Huckabee bewies. Vor allem im Süden, verkörpert durch die South-Carolina-Connection Katon Dawson und Mark Sanford, findet eine Mischung aus Populismus und striktem Konservativismus in Fragen wie Abtreibung und Homo-Rechten starken Rückhalt.
Dennoch gibt es nach den Jahren der Bush-Administration, deren Politik sozialkonservative Lobbygruppen krass bevorzugte, auch eine moderate Gegenbewegungen in der Partei, für mich durch Floridas Gouverneur Charlie Crist symbolisiert, der in meinen Augen bereits jetzt mehr als ein Geheimtipp für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2012 ist.
Nach dem Bail-Out möchte sich auch eine andere Gruppe immer lauter Gehör verschaffen: Die Libertären, die jegliche stattliche Eingriffe in den Markt ablehnen. Für sie ist der Paulson-Plan eine der größten Sünden von Regierung und absegnenden republikanischen Kongressabgeordneten. Allerdings fehlt es dieser Strömung, abgesehen vom in der Partei als Persona-non-grata geltenden Ron Paul, an bekannten Gesichtern – doch in einer Zeit, in welcher der Staat immer mehr Aufgaben übernehmen wird, könnte diese Bewegung durchaus an Fahrt gewinnen.
Bereits in den nächsten Tagen werden erbitterte Macht- und Richtungskämpfe beginnen Sollten die Republikaner die Zeit bis zu den nächsten Kongresswahlen in zwei Jahren allerdings mit Programmfehden verbringen, könnten sie darauf angewiesen sein, sich schlicht als Opposition zum Obama-Programm zu konstituieren – und überließen damit den Demokraten die Agenda. An eine Gingrich-Revolution wie 1994 ist kaum zu denken, zudem entpuppte sich diese damals nicht zuletzt aufgrund fehlender programmatischer Unterfütterung als Strohfeuer.
Der 4. November 2008 könnte sich für die Republikaner vielmehr als das reverse Wiederholung der Reagan-Revolution von 1980 entpuppen, das den Post-Carter-Demokraten quälende Jahre der Selbstfindung und zwölf Jahre außerhalb des Weißen Hauses bescherten. Ironischerweise könnten die Republikaner gefordert sein, sich nun von genau diesen Idealen der Reagan-Revolution Abschied zu nehmen. Allerdings könnte Reagan auch im 21. Jahrhundert ein ziemlich langes Ideenleben beschert sein: Trotz Obamas klaren Siegs dürfen wir nicht vergessen, dass die USA in ihrer Struktur weiterhin konservativ sind.
[…] Partei? Achja, da war ja etwas: Seit der Wahl Barack Obamas sind die Republikaner endgültig in der Opposition angekommen. Dort stehen sie nun vor der Entscheidung, wie sie sich in den kommenden Jahren ausrichten. Werden […]