Zum Inhalt springen

Hessen: Nur Verlierer

Andrea Ypsilanti ist in Hessen gescheitert. Weil den politischen Parteien Fantasie und Konsequenz fehlen, wird Roland Koch profitieren.

Als noch geträumt wurde. (via stopptstaudinger, Flickr)

Andrea Ypsilanti tritt nicht mehr an, mit ihr geht der Wunsch vieler linker Genossen, auch die West-SPD gegenüber der Linkspartei zu öffnen. Über das vermeintliche Gewissen der vier Abweichler hat weissgarnix bereits alles geschrieben. Der geneigte Beobachter fragt sich, weshalb die Berufung auf das eigene Gewissen beispielsweise nicht bei Entscheidungen über sog. “Terrorismusbekämpfungsgesetze“ Anwendung findet. Ist es die Knute des Fraktionszwangs? Nein, es ist der Terror des Verhältniswahlrechts, wie wir es in Deutschland in seiner aktuellen Form praktizieren.

Ich glaube weder an Hintermänner in Berlin, noch sehe ich Beweise, dass Ypsilanti von der hessischen Energiewirtschaft zu Fall gebracht worden ist. Ich glaube aber, obwohl katholisch, genauso wenig daran, dass das Gewissen die hessischen Abgeordneten exklusive Dagmar Metzger kurz vor dem 3. November wie einst der Heilige Geist die Jünger an Pfingsten heimgesucht hat. Vielleicht werden die Geschichtsbücher einmal ein objektiveres Bild davon geben, wo zwischen Opportunismus, Gruppenzwang und realen Zweifeln die Wahrheit liegen könnte.

Tatsache ist, dass Andrea Ypsilanti sich unfähig gezeigt hat, die Tastatur der PPP-Spiele (Partei, Posten und Possen) zu steuern. Auch wenn die Medienberichterstattung oft überhitzt war: Für eine zukünftige Ministerpräsidentin hat Frau Ypsilanti zu viele handwerkliche, rhetorische und psychologische Fehler gemacht. Punkt. Dass ihr Nachfolger Thorsten Schäfer-Gümbel aus der Hinterbank der Fraktion stammt und als größte Qualifikation aufweist, dem linken Lager anzugehören, zeigt, dass die Einigung der Partei im Moment das Letzte ist, was die ehemalige Spitzenkandidatin der SPD als Erbe hinterlassen möchte. Am 19. Januar 2009 dürfte deshalb auch Frau Ypsilantis Weg als Landes- und Fraktionsvorsitzende endgültig am Ende sein.

Die Verlierer sind Parteien und Wähler in Hessen: Wem soll man nach diesem Theater noch seine Stimme geben? Der SPD, die in ihrem aktuellen Zustand der Karrikatur einer Partei gleicht? FDP oder Grünen, die sich schon nach der vergangenen Wahl unfähig zeigten, sich an der Aufgabe einer Regierungsfindung mit eindeutigen Mehrheiten (Jamaika, Ampel) zu beteiligen? Der hessischen Linkspartei, deren Personal und Programmatik im Moment noch einfach nur ein Witz von gestern ist? Der CDU mit Roland Koch?

Tatsächlich wird Roland Koch profitieren, ein Mann, der wiederholt klar gemacht hat, dass er für Wahlerfolge keinerlei Rücksicht auf Ethik, Moral und Anstand nimmt – und dessen Regierung in der vergangenen Legislaturperiode genügend Fehler (Schulreform, Wählertäuschung beim Flughafenausbau) gemacht hat, um ihre Abwahl zu rechtfertigen.

Hessen hat eine andere Lösung als Schwarz-Gelb verdient. Schade, dass die dortigen Politiker keinerlei Fantasie zu haben scheinen, eine solche auch ohne Hintertürchen und Kartenhaus-Modelle umzusetzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.