Sie hat journalistische Fehler gemacht und steckt in finanziellen Schwierigkeiten: Dennoch darf die New York Times nicht untergehen, weil sie online die richtigen Wege geht
Nicht ausschalten! (via Steve Rhodes, Flickr)
Wenn es um Fantasien über den Untergang der Mainstream-Medien geht, bin auch ich* nicht ohne Sünde. Zu oft haben Teile der Branche in den vergangenen Jahren versagt, die Nähe zur Macht anstatt die zu den “Menschen, die früher als Publikum bekannt waren” gesucht, sich zu oft mit einfachen Antworten zufrieden gegeben, zu spät die gewaltigen Chancen und Herausforderungen des Internets erkannt.
Doch es gibt einige journalistische Institutionen, die es wert sind, gerettet zu weden. Wieso die New York Times dazu gehört, bringt der Artikel von Emily Nussbaum im New York Magazine auf den Punkt. Die NYT hat kein Geld mehr, Michael Hirschorn hat vor einigen Monaten das Ableben der “grauen Dame” für Mai prognostiziert. Nun gibt es Überlegungen, wieder eine Paywall zu errichten, was beim Großteil des Publikums nicht ankommen dürfte.
Und doch würde ich für die New York Times online Geld bezahlen. Wieso? Weil das Blatt in Sachen Web zwar kaum Kohle verdient (Online-Werbung funktioniert nicht, wer es noch nicht wusste), sich aber in diesem Bereich das Motto “Innovate or die” eintätowiert hat. Dabei haben die Verantwortlichen gemerkt, dass in der neuen Online-Welt die alten Hierarchien nicht mehr zählen, wenn es darum geht, Ideen zu entwickeln. Oder, um das Nussbaum-Stück zu zitieren:
„The new system elevated coders into full-fledged members of the Times—deputized to collaborate with reporters and editors, not merely to serve their needs.“
In der Tat habe ich gemeinsam mit den den programmierenden (und badmintonspielenden) Kollegen bislang für alle auftauchenden Probleme Lösungen gefunden, wobei auf dem Weg dorthin noch tonnenweise Ideen abfielen. Was passiert, wenn diese Zusammenarbeit konsequent weitergedacht wird und es zu wirklicher Kollaboration kommt, zeigen einige geniale, bewegende, nachdenkliche und aufklärende Projekte, die bereits jetzt die Sprache definieren, die guter Online-Journalismus in einigen Jahren sprechen wird (auch wenn sie es manchmal übertreiben)
Andere Medien können von der New York Times noch viel lernen, auch wenn die NYT selbst noch einiges im Bezug auf die Interaktion mit Usern auf den Weg bringen muss. Dennoch wäre es eine Tragödie, würde diese Zeitung untergehen, nicht zuletzt, weil für mich das Tochterblatt International Herald Tribune, die beste internationale Tageszeitung der Welt ist.
Fortan ist deshalb bei mir nicht nur der Adblocker auf NYT.com ausgeschaltet, werde ich mich zur Not auch auf irgendwelchen verlinkten Werbeseiten rumtreiben, wenn es den Einnahmen hilft; nein, ich gehe noch weiter: sollte die New York Times für ihren Content künftig Geld verlangen, werde ich die paar Dollar gerne bezahlen.
*Disclaimer: Ich arbeite als Online-Journalist
„mit den den programmierenden (und badmintonspielenden) Kollegen“ =D
Danke für das Lob, das ich so nur zurückgeben kann. Erst durch unsere enge Zusammenarbeit habe ich viel von dem Verstanden, was Journalimus ist, kann, will und sein könnte.
Nebenbei Leider ist der Link auf meinen Artikel kaputt. Du meintest sicher den hier: http://anmutunddemut.de/2008/05/26/rolling-thunder-chasing-wind
Danke für die netten Worte. Der Link ist gefixt, ich hatte vergessen, dass bei Dir Trackbacks nicht funktionieren.
Wieso Badminton? 😉
[…] Hoffentlich auch die New York Times! […]
[…] habe schon öfter (z.B. hier und hier) dargelegt, warum ich das für einen groben Fehler halte: Diese “Techniker” sind eben […]
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