Missbrauch an Kindern in “Modellschulen“, Internaten, Waisenschulen: Die dunkle Seite deutscher Lerneinrichtungen, die in den vergangenen Tagen und Wochen einmal mehr ans Licht gekommen ist, macht fassungslos und traurig. Und weil es in den meisten der aufgedeckten Fälle Vertreter der katholischen Kirche waren, die ihnen anvertraute Kinder wiederholt und grausam zu sexuellen Handlungen gezwungen haben, schäme ich mich derzeit für das “römisch-katholisch“, das in meinem Ausweis auf meiner Lohnsteuerkarte steht.
Nicht nur die Fälle selbst, auch der Umgang der Kirche damit, die Politik des Vertuschens und Einschüchterns, lassen einmal mehr das Bild einer rücksichtslosen Institution aufscheinen, die sich nicht um die Liebesbotschaft des Neuen Testaments und Fürsorgepflicht ihren Mitgliedern gegenüber kümmert, sondern sich nur der Selbsterhaltung verpflichtet fühlt. Das verlorene Vertrauen wird diese Kirche in Deutschland selbst bei eigentlich wohlgesonnenen Menschen nicht so schnell wiedergewinnen. Sie hat abgewirtschaftet und wird den faden Beigeschmack, den ihre Verpflichtung der Menschen auf moralische Grundsätze inzwischen hat, aufgrund ihrer Hierarchie und Reformunfähigkeit nicht loswerden.
Doch das Problem des sexuellen Vergehens an Kindern ist nicht auf die Kirche beschränkt, es ist eine Frage des Machtmissbrauchs an wehrlosen Schutzbefohlenen, wie er vor allem in Familien, aber auch in Sportvereinen vorkommt. Was wir brauchen, ist eine ehrliche und hysteriefreie Diskussion – wie eine panische Debatte zu einem Generalverdacht führen kann, zeigt der “Erwachsenen-TÜV“ in Großbritannien: Ein bürokratisches Monstrum, dass das Engagement von Erwachsene für Jugendliche aufgrund idiotischer Hürden sinken lassen wird.
Worüber wir hier in Deutschland reden müssen, sind deshalb in meinen Augen drei wesentliche Punkte:
1. Wir brauchen eine ehrliche und sachliche Debatte über eine Ausweitung der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verjährung solcher Taten.
2. Wir müssen über eine öffentliche Datenbank reden, in der Eltern nachsehen können, in welchen Vereinen und Einrichtungen es zu Missbrauch gekommen ist, wie dort damit umgegangen wurde und welche Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Dies alles muss unter der Wahrung der Persönlichkeitsrechte stattfinden.
3. Die schwierigste Aufgabe wird sein, Kindern einen Ausweg aus dem Schweigen zu zeigen. Sie müssen wissen, dass dies ein Unrecht ist, an dem sie keine Schuld tragen, dass sie Rechte haben und ihnen geholfen wird – und sie müssen wissen, an wen sie sich vertrauensvoll wenden können. Das ist theoretisch leicht gesagt, wird aber in der Praxis mehr als den Aufbau neuer Vertrauensinstitutionen bedürfen.
Ich sehe … Du hast eine Verbindung hergestellt, auf die ich gewartet habe … der Artikel ist mit „Kinderpornographie“ getaggt. Sehr schön.
@Ben: In diesem Fall, weil ein Bruder des Kloster Ettals zugegeben hat, Kinderpornos heruntergeladen und Bilder von halbnackten Schülern auf diverse Seiten hochgeladen zu haben.