Warum Belgien des EU-Land der permanenten politischen Krise bleibt.
Ich hatte vor einiger Zeit das Vergnügen, ein paar Belgiern die Stadt zeigen zu dürfen. Vielleicht geziemt es sich zu solchen Gelegenheiten nicht, über Politik zu sprechen, aber sowas kümmert mich ja prinzipiell nicht. Auf meine Frage, was sie von der gegenwärtigen belgischen Politik hielten, erntete ich allerdings nur ein Kopfschütteln und Augenrollen als Antwort – wohl zur Ablenkung bestellten sich die Gäste darauf Hochprozentiges.
Belgien ist ein zerrissenes Land im Herzen Europas, und es gibt nicht wenige, die für diese Zweckgemeinschaft von Flamen und Wallonen nichts anderes als eine Pralinen-Scheidung empfehlen. Die Probleme sind mannigfaltig, von der Sprachdifferenz bis hin zu den wirtschaftlichen Unterschieden: Früher war die Wallonie reich, heute ist Flandern der wirtschaftlich gesundere Teil des Landes, was dort zu Separatismusbestrebungen führt. Insgesamt hat Belgien allerdings eine der höchsten Arbeitslosenquoten in Europa, die rechtspopulistische Spaltungspartei Vlaams Belang treibt die etablierten Parteien vor sich her.
Nun ist wieder einmal eine Regierung aufgelöst worden, gescheitert am Sprachenstreit rund um die Region Brüssel, die selbst von den Bürgern dort fast niemand mehr versteht. Die Kompromissbereitschaft, die verantwortliche Politiker des Landes lange ausgezeichnet hatte (ein Grund, weshalb die EU Herman Van Rompuy zum Präsidenten des Europäischen Rats machte), sie scheint am Ende.
Dass die Regierungskrise nicht einmal drei Monate, bevor Belgien die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, ausbricht, ist mittelfristig noch das geringste Problem: Das Land muss sich in den kommenden Jahren die Frage stellen, ob ein gemeinsames Weitermachen noch sinnvoll ist. Meine Prognose: Im Jahr 2020 wird die Teilung des Landes bereits vollzogen sein.
Danke für das Update! Belgien hatte ich schon fast wieder vergessen, nachdem das Thema vor ein paar Sommern ja praktisch wöchentlich in „den Nachrichten“ war.