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Der griechische Bankrott

Griechenland ist finanziell am Ende – sollen die Investoren bei der Rettung mit ins Boot gezwungen werden?

Tempel der Athene

Griechenland hat schon bessere Zeiten gesehen (Foto via wallyg, Flickr, CC)

Es sind Abende wie diese, die in die Geschichte eingehen: Während ganz Fußballdeutschland vor dem Fernseher sitzt, schmiert gerade Griechenland an den internationalen Kapitalmärkten ab. Die Kurzversion: Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat Athens Staatsanleihen vor wenigen Stunden zu Junk-Bonds erklärt, was nicht überraschend kommt, aber verheerende psychologische Signale an die Aktienmärkte sendet.  Die griechische Regierung hatte bereits vorher erklärt, kein Geld mehr aufnehmen zu können und ohne Hilfen am 19. Mai zahlungsunfähig zu sein.

Die deutsche Regierung ist daran nicht unschuldig: Das Taktieren der Kanzlerin und ihre Hoffnung, konkrete Zusagen bis nach der NRW-Wahl hinauszögern zu können, haben den Druck auf die Euro-Zone wachsen lassen. Morgen muss die Regierung jedoch Farbe bekennen: Es gibt geheime Abstimmungsgespräche, dazu kommen IWF-Chef Strauss-Kahn und EZB-Präsident Trichet nach Berlin.

Man kann die Situation durchaus mit den Tagen vor der Lehman-Pleite in den USA vergleichen – nur, dass alles andere als ein Bailout für die Investoren (Griechenland sieht von dem Geld nichts) nicht zur Disposition steht (die verfassungsrechtlichen Bedenken werden durch Workarounds erst einmal auf die lange Bank geschoben). Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung benötigt Athen bis zum Jahr 2012 etwa 150 Milliarden Euro. Die Frage ist, wer daran beteiligt werden soll.

Eine Möglichkeit, nicht nur die EU-Länder bluten zu lassen, wäre eine Umstrukturierung der Schulden. Die hätte zur Folge, dass die Kreditgeber (also die Banken) einen Teil ihres Geldes nicht wieder sehen würden (Schuldenschnitt), die Kreditlast für Athen jedoch geringer und weniger zinsintensiv würde. Doch die entstehenden Ausfallquoten, so wird befürchtet, könnten nicht nur griechische Banken in den Abgrund treiben, auch französische und deutsche Kreditinstitute stecken in der Finanzierung des griechischen Staates mit drin (siehe Grafik).

Allerdings bleibt die Frage, ob der Verzicht auf eine Restrukturierung den Kollaps nicht nur verschieben würde, da der Schuldendienst aufgrund hoher Zinssätze die griechische Wirtschaft auf unabsehbare Zeit lähmen würde.

Nein, ich beneide die Verantwortlichen in dieser Situation nicht. Wir erleben derzeit das Ende der Euro-Zone, wie wir sie kannten – denn mittelfristig wird es unmöglich sein, die großen Unterschiede zwischen den Ländern als offene Flanke für geschickte Erpressungen durch Investoren beizubehalten. Folgt danach ein neues Kerneuropa, eine größere Zentralisierung der Wirtschafts- und Steuerpolitik, oder gar ein Auseinanderbrechen der EU (letzteres halte ich für wenig wahrscheinlich)?

Man kann jetzt viel schimpfen über die betrügerischen Griechen, die zaudernde Kanzlerin, die immer noch einflussreichen Ratingagenturen, die rücksichtslosen Spekulanten – doch konstruktive Lösungen tun not. Ich bin gespannt, wie die EU und auch die Bundesregierung aus dieser Sache halbwegs sauber wieder rauskommen wollen.

P.S:  Bemerkenswert in einem ähnlichen Zusammenhang ist dieser Bericht im Wall Street Journal über Investoren, die auf die Pleite von US-Bundesstaaten wetten. Wer jetzt dem Ruf nach einer stringenten und globalen Regulierung der Finanzmärkte nicht folgt, dem ist nicht zu helfen.

Ein Gedanke zu „Der griechische Bankrott“

    egghat sagt:

    Hej, die Nation mag vor dem Fernseher hängen. Ich zumindest kann über Griechenland bloggen/tweeten UND Fußball kucken 😉

    Zum Thema: Das Rumlavieren von Merkel ist unglaublich dämlich. Es ist der IMHO größte Fehler, den sie in den letzten 5 (?) Jahren gemacht hat.

    Mal als Beispiel: Wenn Deutschland Griechenland einen Kredit zur Verfügung stellen, verdient Deutschland dabei 3% (300 Basispunkte). Eine Kreditausfallversicherung kostet 700 oder 800 Basispunkte. Durch die Einnahmen bleiben 400 bis 500 übrig. Das sind selbst bei 300 Mrd. Euro Schulden der Griechen bei 500 Basispunkten 15 Mrd. Euro. Aufgeteilt auf die Euroländer bleibt für Deutschland etwa ein Drittel, also 5 Mrd. Euro übrig.

    5 Mrd. oder alles riskieren, was die EU in den letzten knapp 50 Jahren geschafft hat. Für eine Wahl in NRW. Ich fass das nicht … Echt nicht …

    (jaja die Rechnung ist etwas kritisch, weil unklar ist, ob jemand die CDS in der Höhe zahlen könnte. Aber auch im Falle der Pleite wären ja nie 100% weg …)

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