Italiens Ministerpräsident sagt, dass er die Privatsphäre seiner Bürger stärken möchte. Eine äußerst gewagte Behauptung.
Hier kommt eine knifflige Frage: Ist Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein Schutzpatron des organisierten Verbrechens oder ein Advokat der Grundrechte seiner Bürger? Knifflig ist die Frage deshalb, weil sie durch ein Gesetz aufgeworfen wird, das der italienische Senat in der kommenden Woche beschließen soll.
Darin geht es darum, dass es für die Strafverfolgungsbehörden schwieriger werden soll, Telefonate abzuhören. Staatsanwälte dürfen künftig nur noch Verdächtige abhören, gegen die klare Beweise vorliegen. Die Abhörmaßnahmen dürfen höchstens 75 Tage dauern, Ausnahmen sind Mafiakriminalität und die Terrorismusbekämpfung. Pro Jahr werden in Italien immerhin 130.000 Bürger abgehört – weshalb sich der Vorstoß im ersten Moment gut anhört.
Doch Italien wäre nicht Italien und Berlusconi nicht Berlusconi, wenn die Gemengelage nicht komplexer wäre: Staatsanwälte und Mafiajäger befürchten, dass die Ermittlungsmöglichkeiten in Fällen des organisierten Verbrechens nun stark eingeschränkt werden, zumal das Abhörmaterial nur verwendet werden kann, wenn es wirklich das entsprechende Verbrechen betrifft. Wenn ein des Drogenhandels Verdächtigter zum Beispiel per Telefon einen Mord gesteht, kann dies nicht als Beweis verwendet werden.
Das Gesetz droht zudem, die Presse- und Blogfreiheit einzuschränken: Journalisten, die Inhalte von Abhörbändern veröffentlichen, drohen bis zu zwei Monate Haft. Es ist kein Zufall, dass das Gesetz in die Wege geleitet wurde, nachdem für Berlusconi unangenehme Telefonmitschnitte aufgetaucht waren und Korruptionsfälle aufgrund der Veröffentlichung von Telefonaten zwischen Politikern und Unternehmern an die Öffentlichkeit gerieten. Inzwischen haben mehr als 134.000 Menschen eine Petition gegen das Gesetz unterschrieben – unter ihnen frühere Verfassungsrichter und der oberste Datenschützer des Landes.
Eine bizarre Situation eigentlich: Die Linke, renommierte Richter und Datenschützer demonstrieren für strenge Abhörmaßnahmen,der Konservative Berlusconi dagegen bezeichnet Italien als Polizeistaat. Es wäre zu schön gewesen, hätte Italiens Regierung wirklich einmal die Bürgerrechte in den Mittelpunkt ihres Handelns gerückt. Aber wieder einmal wird selbst der beste Grundsatz zur Farce verunstaltet.
Berlusconi kennt nur ein Bürgerrecht, das er stärken möchte. Sein eigenes. Deswegen wurde er Ministerpräsident. Und ihm ist es peinlich und auch unerhört abgehört, dass er schon Freunde zum Rücktritt zwinge muss, die doch nur ein bisschen zu viel in schwarze Kassen gelangt haben und sich dabei noch der Hilfe der Einzigen Kirche versicherten. (http://www.sueddeutsche.de/politik/gewaltiger-korruptionsskandal-italienisches-monopoly-1.947075-2)
Die Rechte anderer Bürger, vor allem derer, die Kritik an ihm und seiner Amtsführung wagen, die spielen ihm eine wesentlich geringere Rolle. Berlusconi scheint erst zufrieden, wenn Italien sein ganz privater Polizeistaat ist und jede Justiz und Polizei der Rechtsabteilung von Fininvest zuarbeitet bzw. gleich ganz Berlusconis eigene Firma wird. Öffentliche Aufgaben werden nur noch irgendwelchen Bürgerwehren übertragen, die Roma, Schwarze, Ausländer ohne Geld und Vermögen und anderes Gesocks jagen dürfen. (http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=972791&kat=3)
Es bleibt nur die Hoffnung, dass sich genügend Italiener den Absichten des Senilsexisten in den Weg stellen und wie Roberto Saviano mutig Nachricht geben, über das, was aus Italien geworden ist und welche Bedrohung für Europa von Berlusconi-Italien ausgeht.
(http://www.robertosaviano.it/)