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Parteienlandschaft: Wohin des Weges?

Ob CDU, FDP oder Linkspartei: Der Richtungsstreit dominiert derzeit die Parteienlandschaft.

Reichstag Berlin

Die aktuelle Berliner Politik, bald ein Bild von gestern (via .7, Flickr, CC)?

Debatten aller Orten: Selbst die FDP scheint nach ihrer bislang katastrophalen Regierungsbilanz endlich zu der Einsicht gelangt zu sein, dass das Festhalten am neoliberalen Projekt und die Ein-Mann-Westerwelle-Show die Frage darüber, was eigentlich „liberal“ heute bedeutet, nur zeitweilig verdrängt hat. Nun wird sie um die Beantwortung nicht herum kommen, und erste öffentliche Wünsche nach einem Kursschwenk zu einem Liberalismus der Sorte Gerhard Baums und Hildegard Hamm-Brüchers werden bereits artikuliert. Denn klar ist auch: Zweierbündnisse auf Bundesebene werden mittelfristig jenseits einer Großen Koalition so gut wie ausgeschlossen sein. Mal sehen, was passiert, wenn Guide Westerwelle in absehbarer Zeit dem Wunsch nach Ämtertrennung zwischen Außenminister und Parteivorsitzendem nachgeben muss.

Auch bei der Union muss man ganz genau hingucken, um zu sehen, wofür die Partei steht. Dass sich in der CDU nun solch mittelmäßige Gesellen wie JU-Chef Mißfelder darum balgen, die rechtskonservative Lücke zu besetzen, zeigt den Mangel an Spitzenpersonal im Wertelager. Gerade in Zeiten schwacher wirtschaftlicher Schwäche muss die Union allerdings meiner Meinung nach auch den rechten Rand abdecken, denn die Gefahr des Rechtspopulismus ist auch in Deutschland vorhanden. Doch von einer Big-Tent-Partei, wie es die Republikaner einst waren, ist die Union unter ihrer führungsschwachen Kanzlerin weit entfernt. Die CSU zwischen Seehofer-Sozialdemokratie und der strukturkonservativen Basis steht vor ähnlichen Probleme (auch hier gibt es einen starken Stadt-Land-Unterschied).

Die SPD befindet sich gerade inmitten einer Richtungsdebatte, ohne dass ein „New New Labour“-Weg oder besonders spannende Antworten auf die Frage nach der Zukunft des Kapitalismus zu erkennen wären. Allerdings sind hier auch in der Parteispitze verschiedene Generationen und Strömungen vereint, die sich erst einmal positionieren müssen. Je länger Merkel auch die linke Mitte abdeckt, die ich im Land in der strukturellen Mehrheit sehe, desto schwieriger wird es für die Genossen, einem starken Linksruck zu widerstehen. Das größte Problem in der SPD sehe ich allerdings in ihrer personellen Ausblutung – so wenige politische Talente in der ersten und zweiten Reihe hatte die Sozialdemokratie schon lange nicht mehr.

Die Linkspartei ist inzwischen auch eine Art „Little Tent“, zwischen einigen Alt-SEDlern, vielen Pragmatikern in  den Ost-Regierungen und den DKP-Freaks in Teilen des Westens. Es ist unmöglich zu prophezeien, wie sich die Partei entwickeln wird. Ich halte es für durchaus möglich, dass die internen Grabenkämpfe dafür sorgen, dass die Partei einen Teil des Erreichten wieder verspielt.

Und die Grünen? Die haben ihren Realo-Fundi-Frieden zwar intern noch nicht gefunden und die Frage nach Schwarz-Grün nicht beantwortet, können sich aber derzeit zurücklehnen, weil sich Union und FDP selbst demontieren. In der nächsten Bundesregierung werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit vertreten sein – und wahrscheinlich wird das der Zeitpunkt sein, zu dem der große Richtungsstreit über die Öffnung zum Konservatismus diskutiert werden wird.

Was sollen wir aus den Diskussionen folgern? Ich habe ja bereits öfter geschrieben, dass die Parteien Probleme bekommen werden, in einem Zeitalter der Patchwork-Philosophien und -Ideologien genügend Stammwähler zu finden. Auf der anderen Seite wird die Big-Tent-Politik schnell zum Bumerang, wenn die Standpunkte beliebig werden. Ob deshalb die jetzige Parteienlandschaft auseinanderfällt? Ich glaube nicht, wahrscheinlich wird schlicht die Zahl der Nichtwähler und der Anteil der Unter-5-Prozent-Parteien (zu denen ich auch auf absehbare Zeit die Piraten zähle) steigen. Für die Legitimation von Parlamentsabgeordneten und politische Entscheidungen keine guten Voraussetzungen.

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