Ein Gesetz wird so verändert, dass man es sich eigentlich sparen könnte – und dann als Fortschritt verkauft.
Polizisten schlägt man nicht, das weiß jeder halbwegs gesunde Mensch. Weil die Gewalt gegen die Staatsgewalt aber offenbar dennoch zunimmt, greift die Regierung jetzt ein. Indem sie die Strafen für Widerstand gegen die Staatsgewalt erhöht, wie das Kabinett nun beschlossen hat (Änderung §113 StGB). Wer jetzt als Demonstrant davongetragen werden soll und sich losreißt oder sich einer Verhaftung entziehen will, indem er Polizisten die Tür versperrt, dem drohen nicht mehr zwei, sondern drei Jahre Haft.
Wer den ersten Absatz noch einmal durchliest, dem wird ein kleines logisches Problem auffallen: Gewalt gegen Polizisten wird mit schärferen Gesetzen bei Widerstand ohne Gewalt geahndet. Die Höchststrafe für Körperverletzung bleibt bei fünf Jahren, ob es sich beim Opfer um den Nachbarn oder den Freund und Helfer handelt. Und bereits bisher konnte bei besonders schweren Fällen des Widerstands (mit Waffe oder bei Gefahr für das Leben des Beamten) die Strafe auf bis zu fünf Jahre ausgedehnt werden.
Die Regierung betreibt bei dem Gesetz einen klassischen Etikettenschwindel: Eigentlich geht es darum, Widerstand gegen die Polizeigewalt der klassischen Nötigung (§240, ebenfalls drei Jahre Höchststrafe) gleichzusetzen. Damit wird das Opferprinzip (ein von der Polizei Verhafteter fühlt sich selbst als Opfer einer Vollstreckungshandlung und hat deshalb sozusagen einen Bonus) für diesen Tatbestand aufgegeben, Richter können es allerdings weiterhin berücksichtigen.
In der Praxis wird damit eine nuanciertere Rechtsprechung erlaubt. Das hätte man aber auch einfacher haben können: §113 (Widerstand gegen die Staatsgewalt) ist in der jetzigen Form praktisch überflüssig, weil er nun auch im Strafmaß dem §240 (Nötigung) entspricht. Und am Problem der Gewalt gegen Polizisten ändert das Gesetz nichts, auch wenn die Koalition dies glauben machen will.