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US-Senatswahl 2010: Die Prognosen

Meine Vorhersagen zu den Midterm-Elections.

Capitol Hill

Künftig ist rot die Farbe der Saison (Foto: Stereogab)

US-Wahlen sind ja immer ein Fest für Fans der „Horse Races“, also der Spekulation „wer gewinnt wo, und wenn ja wie knapp?“. In diesem Jahr wird es auf jeden Fall bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus ein ziemliches Desaster für die Demokraten geben, bei den Senatswahlen ist es bei einigen Rennen sehr eng. Hier meine Vorhersagen für den Senat:

Wisconsin: Russ Feingold (D) vs. Ron Johnson (R)
Seit 18 Jahren sitzt Russ Feingold im US-Senat: Bereits vor seinem Einsatz für die Reform der Wahlkampffinanzierung und gegen den Irak-Krieg hat er sich bei linken Demokraten einen Namen gemacht. Das hilft ihm aber wenig: Sein Gegner ist ein Tea-Party-Kandidat, der mehr Geld hat und Feingold als klassischen Insider darstellt – obwohl dieser stets als unberechenbar galt.

Prognose: Johnson (R)

Pennsylvania: Joe Sestak (D) vs. Pat Toomey (R)
Das wird eng: Amtsinhaber Sestak galt schon als abgeschlagen, hat aber inzwischen in einigen Umfragen aufgeholt – bei einem Fünftel unentschlossener Wähler. Pat Toomey versucht, im sehr zur Mitte orientierten Pennsylvania Abstand zur Tea Party zu halten; Sestak hat das Problem, das Barack Obama im Staat stark an Popularität eingebüßt hat.

Prognose: Toomey (R)

Nevada: Harry Reid (D) vs. Sharron Angle (R)
Die Wahl mit dem größten Symbolcharakter: Der Mehrheitsführer der Demokraten gegen die Tea-Party-Kandidatin (die allerdings ihre Rhetorik etwas runtergedimmt hat). Es wird äußerst knapp, weil Reid derzeit eines der unpopulärsten Gesichter in Washington hat. Gleichzeitig polarisiert Angle mit furchteinflößend blöden Aussagen, wie der Behauptung, die US-Verfassung schriebe keine Trennung von Staat und Kirche fest. Am Ende wird den Ausschlag geben, ob die Demokraten genügend Wähler mobilisieren können – und das sehe ich derzeit nicht.

Prognose: Angle (R)

Colorado: Michael Bennet (D) vs. Ken Buck (R)
Tea-Party-Kandidat lag lange vor dem Amtsinhaber, inzwischen sind die beiden praktisch gleich auf. Weil das ausgeglichene Gouverneurs-Rennen allerdings die Republikaner mobilisiert, könnte Buck am Ende vorne liegen. Allerdings tippe ich auf ein Ergebnis, das eine Nachzählung erfordert.

Prognose: Buck (R)

Illinois: Alexi Giannoulias (D) vs. Mark Kirk (R)
Dass Amtsinhaber Roland Burris (D) seinen Sitz aufgeben muss, zeugt von den Problemen der Demokraten in Illinois: Der Skandal um Rod Blagojevich macht der Partei immer noch zu schaffen, weshalb auch die aus der gut gefüllten Parteikasse bezahlten Angriffe auf den Republikaner Kirk, der ein Freund von Übertreibungen ist, nicht helfen werden.

Prognose: Kirk(R)

West Virginia: Joe Manchin (D) vs. John Raese (R)
Joe Manchin gewann 2008 mit 70 Prozent die Gouverneurswahl, sein Gegner hat bereits häufiger bei Wahlen verloren. Doch im Jahre 2010 spielt das keine Rolle – lange führte Raese. Inzwischen hat sich der Wind allerdings gedreht, und Manchin ist konservativ genug, um knapp zu gewinnen.

Prognose: Manchin (D)

Kentucky: Jack Conway (D) vs. Rand Paul (R)
Ähnlich wie sein Vater Ron positioniert sich Rand Paul als Außenseiter und erhält dafür Unterstützung der Tea Party. Anders als sein Vater schafft er es dadurch, sich Unterstützung jenseits der Libertären zu organisieren. Auch wenn seltsame Begebenheiten wie die Aqua-Buddha-Anekdote und eine wirklich widerliche Kampagne voller Schmierentheateraufführungen das Bild bestimmen – am Ende gewinnt der junge Paul.

Prognose: Paul (R)

Alaska: Scott McAdams (D) vs. Joe Miller (R) vs. Lisa Murkowski (I)
Schon die Vorgeschichte ist verwirrend: Mit Hilfe der Tea Party gewann Miller die Vorwahlen der Republikaner gegen Amtsinhaberin Murkowski, die sich aber mit der Niederlage nicht abfinden will und nun als unabhängige Kandidatin ins Rennen geht. Weil das Sprichwort „Wenn zwei sich streiten…“ auch in der Politik gültig ist, profitiert meiner Meinung nach am Ende der farblose Scott McAdams – was ein Albtraum für die Republikaner wäre.

Prognose: McAdams (D)

Washington State: Patty Murray (D) vs. Dino Rossi (R)
Patty Murray ist eine der bodenständigsten Demokratinnen, und dennoch kommt sie Umfragen zufolge in Schwierigkeiten – gegen einen Kandidaten, der zuletzt zwei Mal in Folge bei den Gouverneurswahlen verlor. Weil der Nordwesten am Ende immer genügend demokratische Wähler auf die Beine bringt, wird sie dennoch im Amt bleiben.

Prognose: Murray (D)

Wenn ich richtig gerechnet habe, kommen die Demokraten damit inklusive der beiden unabhängigen (aber den Demokraten näher stehenden) Senatoren auf eine Mehrheit von 52-48. Das würde reichen, ändert aber nichts daran, dass in den nächsten beiden Jahren nach dem „Horse Racing“ das „Horse Trading“ kommen wird, will Obama wirklich vor den nächsten Präsidentschaftswahlen noch etwas auf den Weg bringen.

Update, 3. November: Bislang eher ein gemischtes Ergebnis für mich. Meine gewagten Tipps zu Nevada und Alaska sind nicht aufgegangen, Reid und Murkowski haben gewonnen. Die Auszählung in Washington State und Colorado ist noch nicht zu Ende, hier liegen die Kandidaten nur wenige tausend Stimmen auseinander.

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