Ein Referendum könnte das jüngste Land der Welt entstehen lassen – doch der Süden Sudans steht von Beginn an vor gewaltigen Problemen.
Knapp eine Woche noch dürften die Menschen im Süden Sudans über die Unabhängigkeit vom Norden abstimmen, und es ist abzusehen, dass sie sich für eine Sezession aussprechen (dabei müssen sich allerdings 60 Prozent der Bewohner beteiligen). Seien wir optimistisch und hoffen, dass die Kämpfe in der ölreichen wie umstrittenen Region rund um Abyei sich nicht ausbreiten und Sudans Präsident Omar al-Baschir wie versprochen das Ergebnis des Referendums anerkennt. Dennoch bleibt die Frage: Wie wird sich das Land entwickeln, wenn George Clooney und die Wahlbeobachter weg sind?
Obwohl man sich auf die Versprechen des mutmaßlichen Kriegsverbrechers al-Baschir nicht verlassen kann, dürfte es in den kommenden Monaten erst einmal vergleichsweise ruhig bleiben: Am 9. Juli wäre der Scheidungstermin, bis dahin müssten die beiden Seiten sich einigen, wie sie die Ölreserven bzw. die Einnahmen aus dem Verkauf an Staaten wie China aufteilen. Was danach kommt, hängt vom Kompromiss ab – und auch von der inneren Situation im Süden.
Denn die Geburt des Südsudan wird eines der ärmsten Länder der Welt hervorbringen – eine Grafik bei der BBC zeigt sehr schön, dass der Süden von der Trinkwasserversorgung über die Bildung bis hin zu ausreichender Nahrung in allen Belangen hinter dem Norden zurücksteht. Und der ist nicht dafür bekannt, jenseits von Khartum besonders entwickelt zu sein.
Das ist kein Wunder, hat dieser den christlich geprägten Süden doch stets geknechtet. Deshalb vereint die Bewohner des möglichen neuen Staates vor allem die Wut auf das Regime in Khartum – einende Elemente und Führungsfiguren fehlen, mögliche Kämpfe zwischen rivalisierenden Stämmen sind möglich.
Wer glaubt, das Öl könnte den Süden reich machen, sieht sich getäuscht: In einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 hat der internationale Schiedsgerichtshofs in Den Haag die meisten Ölfelder dem Norden zugeschlagen. Es dürften allerdings durchaus noch Reserven auf der Südseite schlummern, weshalb al-Bashir die Entscheidung nicht akzeptiert und weiteres Land in der Hand des Nordens sehen möchte. Doch selbst wenn der Süden die möglichen Ölfelder behält: diese zu erschließen wäre kostspielig und der Transport in die Häfen funktioniert nur über die Pipelines, die den Norden durchziehen.
Um wirtschaftlich halbwegs auf den grünen Zweig zu kommen, braucht der Südsudan Jahre. Ob er diese Zeit bekommt, hängt auch von der Sicherung der Grenze durch die UN und die Afrikanische Union ab. Bei der Größe der Trennungslinie dürfte eine Aufstockung der Blauhelme unvermeidbar sein, soll die Friedensmission ihrem Namen gerecht werden.
Ein dauerhafter Frieden wäre beinahe ein Wunder, starben beim letzten Bürgerkrieg in der Mitte des vergangenen Jahrzehnts doch innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren mehr als zwei Millionen Menschen. Allein kann der Süden diesen Traum nicht verwirklichen, er kann jede Hilfe gebrauchen.
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[…] 9. Juli soll der Südsudan unabhängig werden, doch nicht die umstrittene Abyei-Region, sondern Südkordofan steht derzeit im Mittelpunkt. Südkordofan ist die südliche Grenzprovinz des […]
[…] Vom Südsudan bekomme ich viel nur mittelbar mit, über BBC, den Economist oder die ein oder andere Reportage. Deswegen freut es mich, das Blog von Ruby Siddiqui entdeckt zu haben. Sie ist Epidemiologin bei Medecins Sans Frontieres und arbeitet gerade in einem Flüchtlingscamp im Südsudan. Ihre Alltagsberichte über Hindernisse, kleine Erfolge und die Situation dort (gerade regnet es so sehr, dass Teile des Lagers unter Wasser stehen) bringen mich dem, was passiert, näher als jede Seite 3. […]