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9/11 im Gore-Konjunktiv

9/11 als Barcode

 (Foto via scott_bl8ke, Flickr, CC BY-NC-SA 2.0)

Die Welt nach 9/11 im Konjunktiv zu denken fällt mir schwer, zu sehr haben die Attentate und ihre Folgen die Zeitgeschichte und unser Leben geprägt. Es ist ein Misstrauen in der Welt, und es wird dort noch länger bleiben.

Nach den Entführungen der Flugzeuge gab es noch eine weitere Entführung: Die Neocons überall auf der Welt haben die Ereignisse entführt, um sie für ihre eigenen Zwecke zu nutzen; für Eingriffe in die Bürgerrechte, für eine folgenschwere Politik des billigen Geldes, für einen Feldzug gegen den Irak, das mit den Anschlägen nichts, aber rein gar nichts zu tun hatte.

Und dennoch möchte ich einen Konjunktivgedanken hier in den digitalen Raum werfen: Was wäre passiert, wäre Al Gore US-Präsident gewesen? Den Afghanistan-Krieg hätte er geführt, kein Zweifel, denn um ein „Auge um Auge“ wäre kein Amtsinhaber herumgekommen. Womöglich hätte er auch die Sicherheitsgesetze verabschiedet, vielleicht allerdings an einigen Ecken in entschärfter Form. In jedem Falle hätte er meiner Meinung nach auf den Alleingang bei der Irak-Invasion verzichtet, auch wenn er im Jahr 2002 das prinzipielle Ziel eines Machtwechsels im Irak befürwortete.

Am Ende bleiben solche Gedankenspiele sinnlos, denn in den USA wäre eine besonnene Reaktion wie die des norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg undenkbar. Es gibt auch Gegenargumente zu meiner Irak-Einschätzung: Mit Joe Lieberman wäre ja zum Beispiel auch unter Gore ein Vizepräsident Falke gewesen, zudem wäre die Anti-Saddam-Stimmung vielleicht auch ohne Nachhilfe der Regierung Mainstream geworden. Allerdings wäre Gores Antwort auf die Anschläge meiner Meinung nach auf jeden Fall gemäßigter ausgefallen, weil er die Folgen einer Rhetorik á la „wer nicht für uns ist, ist für die Terroristen“ intellektuell hätte absehen können – genau wie die Gefahr eines Imperial Overstretch, der durch den Irak-Krieg eintrat.

Kleine Anekdote am Rande: Am 11. September 2001 saß Gore in Österreich fest – und konnte erst nach Tagen und über den Umweg Toronto an die US-Ostküste gelangen.

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