Zum Inhalt springen

Ultras, Gewalt und eine Debatte, die falsch läuft

Ultra Aufkleber

Teil einer Jugendbewegung mit wirrem Motto sein. (Foto: fkorsakov, Flickr, CC BY-NC-SA 2.0)

Nein, ich bin kein großer Freund der Ultras. In vielen deutschen Vereinen haben sie um die Jahrtausendwende bestehende Fanstrukturen zerstört und sich unersetzlich gemacht. Mit “spielunabhängigen“ Dauergesängen kann ich nichts anfangen. Und auch Vereine würde ich davor warnen, ihnen im Geschäftsbetrieb zu viel Macht zu geben (siehe Italien).

Dennoch glaube ich, dass an der gegenwärtigen Debatte über Gewalt im Fußball einiges schief läuft. Da wäre die fehlende Differenzierung zwischen Ultras und Gewalttätern, Bengalos und Gewalt. Als wären alle Ultragruppen wie die Dresdner Hools, als wäre der Einsatz von Pyrotechnik identisch mit physischen Angriffen auf Einzelne, als würden Vereinsfunktionäre, die über ein kontrolliertes Abbrennen verhandeln, Hooligan-Apeaser.

Dazu melden sich noch Interessensvertreter zu Wort, bei denen ich mich des Verdachts nicht erwehren kann, sie würden ihr eigenes Süppchen kochen. Der GdP-Chef sagt:

Die erschreckende Zunahme gewaltbereiter und gewaltsuchender Fußball-Gewalttäter um über 900 Personen auf eine Gesamtzahl von nahezu 9.700 Störer zeige, dass bisher getroffene Maßnahmen das Gewalt-Problem rund um den Fußball offenbar noch nicht wirksam anpacken konnten.

Nur, im Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Polizeieinsätze, auf den er sich bezieht, wird diese Zunahme so erklärt (pdf hier):

Dieser Anstieg ist durch auf-/abstiegsbedingte Schwankungen, teilweise aber auch durch eine Neubewertung der Störerszenen erklärbar. So ist die deutliche  Zunahme im Bereich der 2. Bundesliga fast ausschließlich durch den Abstieg von Hertha BSC in diese Spielklasse und eine Neubewertung der Problemfanszene des BFC Dynamo begründet, die in den vergangenen Spielzeiten immer zusammen mit den Daten zu Hertha BSC berücksichtigt wurden.

Nicht der Trend, sondern der BFC Dynamo sorgt also offenbar für die Zunahme.

Hannovers Präsident Kind – dem ja ohnehin nachgesagt wird, dass er lieber ganz alleine entscheiden möchte, wie Fußball in Hannover gemacht wird, trägt auch nicht zur Versachlichung bei und will von Ultras künftig höhere Eintrittspreise verlangen. Eine solche Diskriminierung einer einzelnen Fangruppe wäre ein Präzedenzfall in deutschen Fußballstadien – und würde sicherlich nicht dazu führen, das Problem künftig in den Griff zu bekommen.

Wie gesagt, ich bin kein großer Freund der Ultras – und auch ich habe dort z.B. in den vergangenen Jahren eine wachsende Aggressivität bei Rivalitäten (z.B zwischen S04 und Schwarzgelb) festgestellt. Aber die Diskussion über diesen Trend, falls es einer ist, sowie über die Vorfälle der vergangenen Woche sollten wir sachlich, ohne Verallgemeinerungen und falsche Rhetorik führen – denn genau solche Pauschalurteile verstärken die Radikalisierung, die es eigentlich zu verhindern gilt.

Ein Gedanke zu „Ultras, Gewalt und eine Debatte, die falsch läuft“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.