
Foto: vic.Bergmann, Flickr, CC BY-ND 2.0)
Am vergangenen Wochenende bei der Diplomandenausstellung der Akademie der Bildenden Künste ist es mir wieder aufgefallen: Es existiert durchaus so etwas kreatives Potential in München, doch die Stadt ist von unsichtbaren Trennwünden durchzogen: Zwischen den Galerien, Museen, Ateliers und dem öffentlichen Raum.
Das bedeutet nicht, dass die nächste Jahresausstellung auf der Straße stattfinden soll (das KVR würde wahrscheinlich Panzer auffahren); vielmehr geht es mir um das Aufbrechen der eindimensionalen Sichtweise, was eine Stadt sein kann. Denn dass die Straßen und Plätze hier antiseptisch sauber und bis ins kleinste Detail ordentlich ornamentiert sind, hat nicht nur mit dem bräsigen Geldwohlstand hier zu tun, sondern eben auch mit dem (Miss-)Verständnis darüber, für was öffentlicher Raum da ist.
München ist die funktionalste Stadt, die ich kenne. Das ausdifferenzierte Ringsystem für Auto- und Radfahrer für den Weg zwischen Wohn- und Arbeitsort, das im Zentrum jeglicher Stadtentwicklung steht; die augeblickliche Verarbeitung von Brachflächen zu gigantischen Wohn- und Bürokomplexen; das kollektive Runterschalten der Bevölkerung in innerstädtischen Erholungsgebieten inklusive Biergärten. Die gepflegten historischen Bauten, die nicht etwa der Gegenwart einen Schimmer des Vergangenen geben, sondern schlicht Betrachtungs-Schönheit entfalten. Selbst Projekte wie „Mae West“ haben nur den stadtplanerischen Hintergrund, eine Leerstelle irgendwie mit Funktion zu füllen (ironischerweise als Leerstelle, die unerfüllt bleiben wird).
Fast nichts bricht diese Funktionalität auf. Kein Street Hack, der die Wahrnehmung der Umwelt verschiebt und neue Dimensionen des Urbanen aufreißt. Kein Neueroberung der Stadt durch kleine Gesten wider der erstarrten Bedeutung, keine Neuinterpretationen des Bestehenden. Mein Gott, selbst die Abreißzettel hier sind bierernst.
München sollte gehackt werden. Es würde der Stadt gut tun, sie als öffentlichen Raum zurückzuerobern, Verantwortung für sie zu übernehmen, der Nutzinfrastruktur ins Gesicht zu lachen und eine neue Welt zu errichten. Leider befürchte ich, die meisten Menschen hier sind schon mit einem funktionalen Ringsystem zufrieden.