Wenn es etwas Bemerkenswertes an meinen zwei fleischlosen Jahrzehnten gibt, dann der Wandel der vegetarischen Gastro. Früher hatten vegetarische Restaurants im öffentlichen Ansehen etwas öko- und beinahe freakhaftes; heute findet sich dort häufig die junge Lifestyle-Crowd, die andere gerne hätten. Was für mich persönlich ein gutes vegetarisches Restaurant ausmacht? Neben dem Geschmack das Gefühl des Heimkommens, des Überwältigtseins von den Möglichkeiten, die diese Küche bietet. Hier die Restaurants, in denen ich diesen Aha-Effekt am intensivsten erlebt habe. Das ist nur eine Auswahl – ich freue mich über Hinweise in den Kommentaren und via Twitter.
Red Bamboo, New York
Das Red Bamboo liegt irgendwo im West Village von New York, ich erinnere mich daran, dass es beim Platz an der Tür immer ziemlich zog und es – wie in den meisten amerikanischen Restaurants – eher betriebsam als gemütlich war. Was mir aber ebenso im Gedächtnis geblieben ist: Fantastischen Pseudo-Fleisch-Kreationen wie das Bamboo Chicken Curry, und vor allem die fusion-artige Würze der Gerichte. Ich kann nicht sagen, nach welcher Küche es schmeckte; ich weiß nur, dass es ziemlich gut war.
Hermans, Stockholm
Das Hermans ist längst kein Geheimtipp mehr, auch wenn das Restaurant im Stockholmer Hafen nicht leicht zu finden ist. Fast alles prägt sich ein: Der Ausblick auf das Meer und die anliegenden Kreuzfahrtschiffe, ein riesiger Außenbereich und ein Buffet, in dem sich Speisen aus allen Ecken der Welt kombinieren lassen, vom afghanischen Kichererbsengericht bis zur vegetarischen Paella. Und dann noch dieses Brot mit der gesalzenen Butter… Vielleicht der beste Ort, um den Sonnenuntergang in einer der skandinavischen Hauptstädte zu genießen.
Evergreen Vegetarian House, Georgetown (Penang)
Fast jeder westliche Mensch hat sein kulinarisches Asien-Erwachen: Den Moment, in dem er feststellt, dass die Speisen der Region nur in Kombination mit Luft und Gerüchen vor Ort perfekt funktionieren. Mein Moment war der erste Besuch im Evergreen Vegetarian House auf der malaysischen Insel Penang. Auch hier gibt es ein Buffet, das vor allem Einheimische aufsuchen. Ich konnte mir die Namen der Speisen nie merken, noch wusste ich, welche Mischung Gemüse, Soja und Gewürzen sich dahinter genau verbarg. Ich bin aber gerne und oft wiedergekommen.
Yoyo, Berlin
Gemach, Ihr Berliner. Natürlich könnte ich aus rein kulinarischen Gesichtspunkten das Koops oder nach Stadtkultur-Faktoren den Vöner wählen, aber das Yoyo ist mir näher. Weil ich da gerne war und auch heute während Besuchen in der Hauptstadt mindestens einmal hin muss. Weil das Publikum einfach da ist, nichts darstellen möchte sondern nur essen. Weil die Burger fantastisch und die Pommes mit Liebe handgeschnitzt wurden. Weil ich die Imbiss-Kultur mag und die Gegend, und überhaupt: Weil da ganz viel von meinem Leben drin hängt.
Gracias Madre, San Francisco
Okay, ich war bislang erst einmal dort, aber schon das hat genügt. Einen veganen Mexikaner hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Aber es funktioniert, auch und gerade jenseits des Hype-Faktors. Was mir im Gedächtnis geblieben ist (neben des großen Andrangs): die liebevolle Dekoration des Essens, die kräftigen Beilagen, die das würzige Aroma der dampfenden Speisen. Voy a volver!
Verdeo, Medellin
Im Medelliner Reichenviertel El Poblado – angeblich der einzigen Gegend, in der man als Auswärtiger nachts ohne Probleme auf die Straße gehen kann – befindet sich diese kleine subkulturell angehauchte Oase (und das Gefühl, neben dem Blingbling ums Eck auf eine solche zu stoßen, hatte ich wirklich). Im Gedächtnis geblieben sind mir nicht nur die bunten Tierbilder überall, sondern auch das gemütliche Ambiente und die moderne Fusion-Küche (z.B. marinierter Tofu mit Spaghetti). Geht man ein paar Meter Richtung Süden, findet sich gleich eine nette Open-Air-Bar mit Holzstamm-Stühlen, deren Namen ich vergessen habe.
Natürlich ist die Liste nicht vollständig – und meine kulinarische Reise ist natürlich noch nicht zu Ende. Wer Tipps und Empfehlungen hat, wer einen Laden kennt, der hier unbedingt rein müsste: Her damit!
Wow, da warst du überall schon?
Krass.