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Dave Eggers: The Circle

Für die ersten 200 Seiten von Dave Eggers „The Circle“ habe ich vier Wochen, für die letzten 250 ein paar Stunden gebraucht. „Wordy“ sei Eggers, hatte mich eine Bekannte gewarnt, und im ersten Teil des Buches fanden sich dafür auf quasi jeder Seite Bestätigungen. Dass am Ende der Science Fiction Plot noch Fahrt aufnimmt, entschädigt etwas.

Aber natürlich ist da die andere Seite, das Lob der deutschen Feuilletonisten, Eggers habe die Digitalisierung der Menschheit weitergedacht und zu einer Dystopie ausgebaut, die wir Reisenden des 21. Jahrhunderts in einigen Jahren erst vollends begreifen würden. Wer den Plot nicht kennt: Eine junge Frau fängt einen Job im Tech Unternehmen The Circle an, das als eine Art Mega-Google die Entprivatisierung der Welt vorantreibt, die in einem digitalen Autoritarismus mündet (oder nicht? Keine Spoiler an dieser Stelle).

Es gehört zu den Stärken des Buches, dass es das Sektenhafte einiger Tech-Unternehmen böse karikiert und die Überforderung des Einzelnen durch ständiges wie sinnloses Liken und Posten durch Übertreibung auf den Punkt bringt. Zu den Schwächen gehört, dass Geld (also der Silicon-Valley-Kapitalismus) keine Rolle spielt, die Prämisse „Tech Konzerne wollen alles an die Öffentlichkeit zerren“ im Realitätsabgleich nicht mehr stimmt (es genügt inzwischen, die Daten in den Vermarktungssilos zu hinterlassen, was eine andere Sache ist). Vor allem aber ist The Circle deutlich anzumerken, dass die Idee im Vordergrund steht und die Figuren nur als Erfüllungsgehilfen bei der Umsetzung agieren. Entsprechend flach sind die psychologischen Konstruktionen rund um die Protagonistin und die Menschen, die sie trifft.

Ist The Circle also empfehlenswert? Als Dystopie ein bisschen (aber: oh boy, diese ersten 200 Seiten). Als Roman zur Digitaldebatte meiner Meinung nach kaum. Es sei denn, man sieht in amerikanische Tech-Konzerne ohnehin die Kräfte, deren Ziel die Unterjochung der Menschheit unter die Philosophie der Post Privacy ist. „Haben Sie Eggers gelesen? Da ist alles beschrieben“, ersetzt auf mancher Cocktail-Party sicherlich die nuancierte Auseinandersetzung mit den wirklich relevanten Fragen der Digitalisierung und des Tech-Kapitalismus,

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