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Yahoo und das Ende der Content-Imperien

Yahoo! Sunnyvale

Yahoo steht vor dem nächsten Kurswechsel, ein paar Gedanken dazu:

Yahoo war einmal ein Webverzeichnis, ist inzwischen aber ein Content-Konzern, nach dem AOL-Verizon-Deal vielleicht der letzte, der seine Wurzeln im (stationären) Web hat. Dass es diesen Weg von einer Tech- zu einer Medienfirma eingeschlagen hat (und unter Marissa Mayer noch schneller gegangen ist), ist erstaunlich, aber historisch logisch: Es gab eine Zeit, in der das gängige Werbemodell (Banner) perfekt zur Content-Strategie passte (Werbeeinnahmen steigen idealerweise mit der Zahl der Inhalte). Yahoo verdient auf dem PC weiter Geld, aber mit dem Desktop geht auch die Zeit der Banner zu Ende.

Anders als AOL hat Yahoo mit dem Mail-Login sogar eine Identität, um die sich personalisierte Werbeformen stricken lassen könnten (de facto dürfte ein Großteil der Werbeeinnahmen von der Startpage, also der Login-Oberfläche im Web stammen). Doch die Content-Produkte und Spinoff-Apps benötigten genau dieses Login überhaupt nicht, Tumblr ist eine Ausnahme, verstärkt durch eine aggressive „Log-Dich-ein“-Politik.

Natürlich lässt sich das mit Adtech auffangen und zu einer Identität zusammenführen, nur ist vielleicht der entscheidende Unterschied: Wenn ich kein Login für einen Dienst brauche ist es relativ wahrscheinlich, dass seine Funktion ersetzbar ist (Yahoo Wetter mag gut aussehen, aber ist eine OS-Funktion; den Digest bieten x-Medienfirmen inzwischen an, etc.). Es gab auch kein Bündel, das mich im Ökosystem gehalten hätte: Inhalte sind inzwischen der Sand am Meer, und die Video-Eigenproduktionen waren nie genug, um überhaupt Interesse zu wecken. Im Gegenteil, Yahoo ist selbst Opfer der mobilen Entbündelung: Mail benötigt keine Web-Oberfläche, seine mobile Integration in einen Smartphone-Client ist viel logischer als auf dem Desktop.

Das Beispiel Messenger zeigt, wie stark der Shift von Desktop zu mobil ist: Yahoo hatte ein ordentliches Desktop-Produkt (proprietär und lange inkompatibel, natürlich), doch mobil verankerte sich die Identität an Telefonnummer oder (später, durch Marktmacht) Facebook, nicht an der Yahoo-ID.

Theoretisch hätte Yahoo auf jede dieser Entwicklungen reagieren können, aber man darf nicht vergessen, dass Desktop-Banner als Brot- & Butter-Geschäft lange recht ordentlich funktioniert haben und bei einer Firma dieser Größe Teams meist nicht am Produkt, sondern am Bestehen und Erfolg der eigenen Abteilung interessiert sind. Es ist etwas müßig, über Marissa Mayers Zaghaftigkeit zu debattieren (vor allem, wenn das Urteil vor zwölf Monaten noch „she’s on track“ lautete), an ihrem Führungsstil oder ihrer Tendenz zu Micromanagement Kritik zu üben. Ja, das kann eine Rolle spielen (die Zahl der Journalisten, die genug Einblicke für ein eigenständiges Urteil haben, ist gering), aber Yahoo war ohnehin schwer zu reformieren, zumal als Medienfirma (Notiz: die Suche wurde schon weit vor ihrer Zeit verscherbelt, und selbst „Suche“ bedeutet im Smartphone-Kontext eher persönlicher Assistent, ist also etwas völlig anderes).

Zum Mitnehmen tl;dr

  • Wenn Du die Wahl hast, eine Tech- oder eine Medienfirma zu sein (und die Mission beides zulässt) – entscheide Dich auf jeden Fall für Tech!
  • Inhalte, reproduzierbare zumal, sind in der gegenwärtigen Plattform-Welt nur noch in wenigen Fällen ein relevantes Differenzierungsmerkmal. Diese Fälle sind in der Regel schwer kopierbar (Amazon Prime als Video + Versandvorteile, Netflix als Bundle für Eigenproduktionen, Sport im Bezahlfernsehen etc.).
  • Eine Firma ist nur so gut wie ihre mittlere Führungsebene, das gilt auch im Digitalgeschäft.
  • Die Rolle einer Technologie (hier: Suche, Messenger) kann sich so sehr verändern, dass sie in der nächsten Generation kaum noch Ähnlichkeiten mit ihrer ursprünglichen Form/Funktion aufweist.

Mini-Exkurs am Ende: Ist Buzzfeed ein Content-Imperium? Nicht in der klassischen Form, die Reichweite ist notwendig, damit das Kerngeschäft – das Agenturmodell hinter Native – funktioniert. Ich halte den Innovationsdruck auf der Werbeseite sogar für höher als auf der Content-Seite, weil das Native-Inventar im Netz wächst und es für die hohen TKPs/Kampagnenpreise immer notwendig sein wird, etwas anderes als die Konkurrenz zu liefern, das zudem skaliert (im Moment Video). Wie einfach war da im Vergleich das Bannergeschäft, in dem es um Inventar, Sales, Auslieferung und Optik-Optimierung ging….

 

 

 

 

 

 

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