Am Sonntag lief auf HBO Vinyl an, eine Gemeinschaftsarbeit von Martin Scorsese und Mick Jagger (dessen Sohn auch eine Rolle hat). Ich fand den Piloten, anders als Kollege Kreye, fantastisch – das dreckige New York der Siebziger und die Mad Men der Musikindustrie vermischt mit einer Prise brutaler Sopranos-Zwischenmenschlichkeit. Vielleicht nicht der neue Goldstandard (die wenigen Frauenfiguren sind sehr deutlich Mad Men entnommen), aber auf jeden Fall wieder eine HBO-Serie am oberen Qualitätslimit.
Und während der ganzen Zeit dachte ich: Das ist die Serie, die Apple produzieren hätte sollen. Nun ist noch nicht einmal gesichert, dass Apple Serien-Content filmen wird, aber der Bezug wäre offensichtlich: Neben erfundenen Bands treten auch Legenden wie Led Zeppelin, David Bowie oder Bo Diddly auf (von Schauspielern verkörpert), dazu ist Hauptfigur Richie Finestra ein wandelndes Musiklexikon, ein leidenschaftlicher Liebhaber guter Songs, der verschiedene Strömungen in Bezug setzt: Genau das also, was Apple Music sein will. Vinyl als Einstieg in das musikalische Universum, ermöglicht von und in Apple. Die vermarktbaren Querverbindungen sind unendlich.
Stattdessen macht man nun offenbar etwas mit fuckin‘ Dr. Dre, wahrscheinlich, weil er gerade in der Apple-Kantine rumsaß. Aber natürlich ist unklar, ob jemand Scorsese und Jagger ihre Serie an eine Newcomer-Firma in diesem Bereich verkauft hätte (eigentlich sollte Vinyl ein Film werden). Und ich weiß auch nicht, ob Apple sich als selbsternannter Konzern der Makellosigkeit in Sachen Brutalität und Sexualisierung soweit aus dem Fenster lehnen würde wie HBO, das diese Grenzen schon lange ausgetestet hat. Beides sind relevante Fragen für das mögliche Content-Play aus Cupertino.