Die Aufregung in der Stadt ist am Mittag spürbar, die Natur ist hier selten zu Scherzen aufgelegt. Die Frisörin sagt die Nachmittagstermine ab, damit sie rechtzeitig nach Hause kommt, die Schulen machen kurzfristig um 12 Uhr zu. Auf den Straßen stauen sich schon die Autos, bald werden die Freeways gesperrt.
Währenddessen rauschen weiter westlich die ersten Tornados ein, draußen am Flughafen berührt einer den Boden. Vielleicht saugt es ja unseren Gebrauchtwagenverkäufer ein, überlege ich, es scheint mir unverdientere Schicksale zu geben. Währenddessen tauchen über Social Media die ersten Bilder von abgedeckten Gebäuden ein, die Lokalsender sind schon auf Sendung und bitten, das richtige Hashtag zu verwenden.
Potential #tornado spotted in Louisiana – see the raw video. #LAwxhttps://t.co/XBvtM2XMJX
— The Weather Channel (@weatherchannel) 23. Februar 2016
WATCH: An apparent tornado leaves severe damage in Assumption Parish, Louisiana.https://t.co/wWVukooNqm
— NBC Nightly News (@NBCNightlyNews) 23. Februar 2016
Tornados sind dynamischer als Menschen, an diesem Tag kommt die Golfluft vom Westen und dreht dann im Inland ab, weshalb New Orleans noch vom Schlimmsten verschont bleibt, der Sturm aber durch das Umland pflügt. Am Nachmittag dann fällt der Strom aus. Erst ein paar Sekunden, am späten Nachmittag dann komplett. Die SMS kommt sofort: Erwartete Reparatur in zweieinhalb Stunden. Wir überlegen, was denn alles Strom braucht (kurz: alles), was alles aufgeladen ist, wie im Notfall Internet geht (Tethern und im Zweifelsfall das Telefon im Auto laden). Wir stellen Kerzen auf und warten, ich schreibe diesen Text.
Zweieinhalb Stunden, das ist nichts, nach dem großen Sturm von 2005 saßen Teile der Stadt drei Monate im Dunkeln. Es war eine der friedlichsten Zeiten in der jüngeren Geschichte. Und New Orleans hat selbst während des Super Bowls einen Stromausfall hinbekommen, solch temporäre Probleme gehören noch zu den harmloseren Unannehmlichkeiten, die in dieser Stadt lauern.
Draußen heulen die Sirenen der Krankenwagen, aber die heulen eigentlich immer. Allmählich verschwindet das Licht, die Bäume rauschen, ein Gewitter zieht vorbei.
Die Natur ist hier nicht zu Scherzen aufgelegt, aber das ist das Risiko, das in die Besiedlung dieses riesigen Landes eingepreist wurde. Ich meine, wer würde schon eine Stadt im Sumpf bauen? Nach 45 Minuten ist der Strom wieder da, von wegen „nichts funktioniert hier“. Wohl dem, der sich ein festes Dach über dem Kopf leisten kann. In Convent, westlich von hier, hat der Tornado einen Wohnwagenpark erwischt. Zwei Menschen sterben, Dutzende werden verletzt.
Gut-wrenching picture of the leveled mobile home park in Convent after a #tornado via @FOX8NOLA. #LAwx pic.twitter.com/QIuya7kr8C
— Steve Caparotta (@SteveWAFB) 23. Februar 2016