Die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung scheint immer noch willens, imperiale Machtdemonstrationen als Selbstbestätigung des American Exceptionalism zu betrachten – selbst, wenn die meisten Amerikaner im Prinzip inzwischen in ihrem theoretischen Verständnis des eigenen Landes isolationistisch oder multipolar denken. Solange keine US-Soldaten in Särgen nach Hause kommen, findet in USA stets eine kurzzeitige Depolitisierung durch Bomben statt.
Die Grenze der eigenen Verluste ist es, die Präsidenten beachten müssen – alles diesseits davon ist erlaubt oder geduldet, und Technologie erleichtert solche Eskalationen ohne viele tote amerikanische Soldaten. Im letzten Amtsjahr der – allgemein als „zurückhaltend“ geltenden – Obama-Regierung warfen die USA mehr als 26.000 Bomben in sieben unterschiedlichen Ländern ab.
Unter Donald Trump, der als unpolitischer und prinzipienferner Präsident dem Pentagon freie Hand lebt, werden uns diese Akte noch stärker als sonst leer, mit Pathos statt Moral verziert, vorkommen. Dabei war der Bombenhagel auch vorher schon oft genug imperiales Theater. Ein Hammer, der überall Nägel finden möchte. Ich befürchte, wir sind in einem zynischen spät-imperialen Stadium angekommen, in dem Motivationen, Komplexitäten und Glaubwürdigkeiten gar keine Rolle mehr spielen. Irak, nur ohne Maskenspiel, ohne Colin Powell im UN-Sicherheitsrat. Und was heute Syrien ist, kann morgen Nordkorea und übermorgen Iran sein. Und wer möchte schon für solche Länder auf die Straße gehen?
Ich hoffe, dass ich mich irre, doch vom spanisch-amerikanischen Krieg bis zur Grenada-Invasion hat sich dieses Rezept in den vergangenen 120 Jahren allzu oft bewährt.
Ich fürchte, Du irrst Dich nicht. Wir haben das damals in meinen Studientage in der Philosophie-Fakultät recht intensiv disktuiert: Der Status Quo der westlichen Staaten – auch der Bundesrepublik – ist es einfach immer asymetrische Kriege zu führen, solange weder zuviele Särge heimkommen, noch die Wirtschaft darunter leidet, bzw. einfach nur Jobs verloren gehen. Und ich fürchte: Es ist halt schlüssig im Rahmen der kapitalistischen Demokratie. Die Wähler haben keine Chance einzelne Themen zu wählen. Gewählt werden Parteien, oder Repräsentaten. Die Schwerpunkthemen im Wahlkampf sind selten Krieg oder Pazifismus. Und deit den Kriegen, die dem Ende Jugoslaviens folgten, haben unsere Bevölkerungen als normal akzeptiert, dass Soldaten in ihrem Namen irgendwo auf der Welt Kriege führen. Und so wird es bei Wahlen als Selbstverständlichkeit „mit gekauft“. Es ist der unausgesprochene Wille des Souveräns, denn so lange eben nicht genug Särge zurückkommen oder Jobs verloren gehen, liegen die Prioriutäten des Sourveräns eben anderswo. Nicht zuletzt auch, weil diejenigen, die in Särgen zurückkommen meist Angehörige der eher stimmlosen Teile der Bevölkerung sind, um es mal nett zu sagen.
Das hat mindestens zwei sehr bemerkenswerte Folgen, bzw. wirft zwei zentrale Fragen auf.
Die Re-Symmetrisierung dieser Kriege, sprich Angriffe und Bomben in den westlichen Heimatländern wird dabei vom Westen nicht als legitimer Teil des Krieges betrachtet, sondern als „Terror“. Ich bin weit davon entfernt, den Terror, den wir gerade erleben als legitime Kriegshandlungen einzustufen, aber ich komme auch nicht umhin mir die Frage zu stellen, ob es zwischen der Art wie der Westen seit 30 Jahren Kriege führt und der Art des Terrors, den wir gerade erleben nicht einen Zusammenhang gibt.
Und: Es steht selbst-ver-ständlich die Frage im Raum wie lange das „gut gehen“ kann, was passiert, wenn es mal nicht mehr „gut geht“, wenn die Welt die Schnauze voll hat davon der militärischen Willkür des Westens ausgeliefert zu sein? Und im Rahmen dieser Frage steht für mich ein Protagonist im Mittelpunkt: China. Ein über 3500 Jahre alter Staat, dessen Geschichte zwar auch nicht arm an Gewalt ist und der auch eine eigene Imperiale Geschichte hat, aber eben eine ganz andere als der Westen und der in den letzten 30 Jahren in Sachen Kriege sehr zurückhalten auf der weltpolitischen Bühne war und gleichzeitig dabei ist militärisch den Westen einzuholen. Oder anders gesagt: Wenn ich der Rest der Welt wäre, dann würde ich mir überlegen in China Rat und Schutz zu suchen.
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