„Man kann den Osten nicht mehr mit der DDR erklären“ (€)
Ende Juni erschien ein sehr lesenswertes SZ-Interview mit dem Historiker Marcus Böick. Es geht um Ostdeutschland und unsere fehlende Aufarbeitung der Nachwendepolitik:
„Die Entwertung der Lebensläufe, das Gefühl von Unterwerfung – das alles ist untrennbar auch mit der Treuhand verbunden. Sie ist zu einem Symbol geworden für eine anonyme Macht aus westlichen Kapitalisten, die den Daumen über das Wohl der Ostdeutschen hob oder senkte. Wir haben deshalb von einer erinnerungskulturellen „Bad Bank“ gesprochen, eine Art emotionales Endlager, wo die negativen Gefühle dieser Umbruchzeit vor sich hin glühen. Die Politik hat das lange nicht interessiert. Man dachte: Die Menschen werden ihre gewonnene Freiheit so schätzen, dass sie darüber hinwegsehen, wenn sie weniger verdienen und nichts erben. Die schönen Innenstädte, die Einkaufsmöglichkeiten werden sie verschmerzen lassen, dass sie nichts zu sagen haben, weil in Unternehmen, Gerichten, Universitäten Westdeutsche die Führungspositionen besetzen. Der Glaube, dass sich diese Unterschiede auswachsen oder hingenommen werden, solange man nicht groß darüber spricht – das ist eine Lebenslüge der Politik.“