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Ein Knopf, den es zu drücken gilt

 we are not just post-truth, we are post-communication

„Das Problem mit Social Media ist die süchtig machende Konstanz der Impulse. Das Schreiben ist durch eine regelmäßige Abfolge von unregelmäßigen Atemzügen und Irrlichtern ersetzt worden. Kommunikation existiert nicht mehr und daraus folgt, dass es keine Bedingungen gibt, unter denen Wahrheit in irgendeinem bestimmbaren oder umsetzbaren Sinn existiert. Was übrig bleibt ist, dass du sagen kannst, etwas gesehen zu haben. Ich kann einen Knopf drücken und dich wissen lassen, dass ich es auch gesehen habe und dann ist dieser Moment für immer vorbei, sobald er passiert ist. Nichts kann daraus entstehen, weil nichts mehr aus irgendetwas entstehen kann.“

we are post-fiction as well

„Begleitende Kommentare sind nicht unehrlich. Sie sind automatisiert. Niemand vernünftiges kann das Genre mit menschengemachter Prosa vergleichen. Es ‚ehrlich‘ oder ‚unehrlich‘ zu nennen wäre so, als würde man einer Hauspflanze Emotionen zuschreiben. Und doch…so schmerzhaft diese Gegenwartsprosa ist – körperlich, sie tut weh, es tut weh sie zu konsumieren – so wenig sie mich in irgendeiner Weise nährt, ich konsumiere sie weiterhin. Ein beinahe ununterbrochener Strom. Echte, chemische Sucht. Ich muss diese kleinen Stöße und Impulse weiter kriegen. Ich muss dieses kleine Twitter-Herz traktieren, meiner Stimme auf unbedeutende, traurige Art Gehör verschaffen. Ich muss.“

5 Gedanken zu „Ein Knopf, den es zu drücken gilt“

    Klagefall sagt:

    Meine Erfahrung seit vier Wochen ist: Man muss nicht. Klar, es gibt Verluste, aber insgesamt ist es sehr angenehm, aus dieser permanent aufgeregten Welt zu verschwinden.

    Twitter war mal sehr schön, aber seitdem immer öfter Dinge in der Timeline waren, die ich gar nicht sehen wollte und deshalb nicht abonniert hatte, ist es mir zu anstrengend geworden.

    joha sagt:

    @Klagefall: Geht mir ungefähr genauso, und meine Aktivitäten hier sind eine Konsequenz daraus (vgl. https://www.kopfzeiler.org/twitter-2017). Allerdings habe ich auch beruflich mit zu tun, und das ist nicht (mehr) angenehm, obwohl weiterhin sehr kluge Menschen und interessante Szenen dort unterwegs sind. Ich habe die Texte verlinkt, weil sie die Entwicklung von Twitter (wie generell textbasiertes Social Media) gut mit den Dopamin-Funktionen in Verbindung bringt, also der psychischen Abhängigkeit.

    Libralop sagt:

    Was Klagefall sagt. Der Dauerbeschuss von unerbetener Meinung und Sendungsbewusstsein ist für mich nicht mehr zu ertragen. Vielleicht ist das aber auch so ein Alters-Ding.

    Mentions

  • 💬 Simone Weil über... Twitter?
  • 💬 Borges und ich (und Social Media) – kopfzeiler.org

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