Nächste Ausfahrt Weimar? Die Republik nach Chemnitz
„Am kommenden 9. November jährt sich der Beginn der Weimarer Republik zum 100. und die antisemitische Pogromnacht zum 80. Mal. Schon am 3. Oktober geht die Republik in das 29. Jahr der deutschen Einheit. Doch von Einheit kann derzeit keine Rede sein, die Republik ist gespaltener denn je. Vor allem im Osten steht die Demokratie auf der Kippe. Dabei ist inzwischen bereits eine ganze Generation gesamtdeutsch, also post-diktatorisch, aufgewachsen, da nach dem Fall der Mauer geboren. Doch das Problem hat sich nicht ausgewachsen, im Gegenteil: Heute machen die Rechtsradikalen der 1990er Jahre mit den neuen jungen Rechten, die ihre Kinder sein könnten und es manchmal auch sind, gemeinsame Sache – wohlwollend betreut von der AfD. Im ‚Labor Ostdeutschland‘ könnte sich die Frage entscheiden, welcher Art unsere Demokratie zukünftig sein wird: plural-liberal oder völkisch-illiberal. Björn Höcke hat jedenfalls bereits angekündigt, dass er der Linken nun auch ihr ‚Kronjuwel‘ abnehmen will, die soziale Frage. Sollte es der AfD gelingen, dem Nationalistischen auch noch das Soziale beizufügen, könnte ihr Aufstieg noch steiler verlaufen.“
Albrecht von Lucke zeigt zwei wichtige Zusammenhänge auf: (1) Der neoliberale Kurs der AfD ist nicht in Stein gemeißelt. Und, an anderer Stelle (2): Die kausale Relation zwischen der Schwächung des Rechtsstaats durch den Abbau von Stellen in Polizei und Justiz und dem Eindruck eines geschwächten Rechtsstaats (die Auszehrung des deutschen Dienstleistungssektors scheint mir irgendwie hinter zig Phänomenen zu stecken, der Journalismus gehört ja auch dazu).
Ich kann nur die Lektüre von Franziska Schreibers „Inside AfD“ empfehlen. Aus-ge-sprochen kurzweilig geschrieben, leider extrem deprimierend. Der wirtschaftsliberale Kurs der AfD ist mit dem Ende von Frauke Petry praktisch Geschichte. Gauland und Weidel werden vom „Flügel“ vor sich hergetrieben, ihnen bleibt auf Grund der internen Mechaniken der Partei nichts anderes übrig als eine immer weitere Radikalisierung. Das offizielle Programm er Partei spielt keine Rolle.