Diary: Meghan O’Gieblyn, On Writing the Midwest
„Wenn ich über Religion schreibe, bestehen die Magazinredakteure oft darauf, die Pew-Studie aus dem Jahr 2014 erwähnen, die den Aufstieg der ‚Nichts-von-dem“ beschreibt – junge Menschen, die keine religiöse Zugehörigkeit beanspruchen. Dabei geht es darum, die allgemeine Vorstellung zu bestätigen, dass Amerika seine abergläubische Vergangenheit hinter sich lässt und standhaft in Richtung Zukunft schreitet.
Vielleicht stimmt das. Aber als jemand, der diesen Weg selber gegangen ist, kann ich versichern, dass solche Lebensreisen selten linear oder unkompliziert sind. William James merkte einmal an, dass ‚die heftigsten Revolutionen in den Überzeugungen eines Menschen das meiste seiner alten Ordnung bestehen lassen.‘ In anderen Worten: Sogar wenn jemand äußerlich eine lange gehegte Überzeugung anprangert, bleibt die Architektur der Idee erhalten und kann von anderen Dingen bewohnt werden.
Das gilt für Kulturen wie für den Einzelnen; unsere zunehmend säkulare Landschaft ist auf viele Arten immer noch vom Erbe des Christentums geprägt. Die Bezeugung dauert fort in den Räumen des Zwölf-Schritte-Programms und im zeitgenössischen Schreiben über Mutterschaft, die oft die Form eines Bekehrungserlebnisses annimmt. Zugleich lebt die epische Glaubenserzählung der messianischen Erlösung weiter, in den utopischen Visionen des Transhumanismus und dem endlosen Bogen des Fortschritts, den der Liberalismus beschwört.“