Zum Inhalt springen

Zum Tod von Robert Basic

Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich Robert Basic gekannt habe. Von ungefähr 2006 bis 2009 war ich viel auf Barcamps und anderen Webveranstaltungen unterwegs und plauderte ein paar Mal kurz mit ihm. Kaum unter vier Augen, denn damals zog er zu solchen Gelegenheiten immer einen Schweif von Männern (und vereinzelt auch Frauen) mit Laptoptaschen hinter sich her. Denn natürlich kannten alle Robert Basic, die damals Teil der “Netzgemeinde” (oder wie auch immer es seinerzeit hieß) waren.

Roberts Seite Basic Thinking hatte zwei Eigenschaften, die dem Großteil der deutschsprachigen Blogosphäre abgingen: Der Traffic floss wie Zuckerwasser von, zu und durch sein Blog. Ich erinnere mich dunkel an jemanden, der schmerzfrei ein T-Shirt mit “Robert, ich will einen Link von dir” bedruckt hatte. Und Basic Thinking verdiente Geld. Das weckte bei DIY-Publizisten und den üblichen Internetchecker-Hochstaplern großes Interesse an möglichen Geheimrezepturen. Ältere Semester erinnern sich an Kommerzdebatten und Schlagworte wie Linktausch, Linkkauf, bezahlte Produkttests, Blogger-Werbenetzwerke etc., und ja, manchmal wurde auch über Inhaltliches diskutiert.

Dabei war Roberts Erfolgsgeheimnis simpel, wenn auch nicht simpel umsetzbar: Persönlichkeit zeigen, rein in die Diskussion, immer schreiben, viel verlinken und, ganz wichtig, auch einfach mal einen raushauen. Bei ihm funktionierte das so gut, weil er selbst über das trockenste Tech-Thema noch was Frisches zu sagen hatte und sich vor allem selbst nicht besonders ernst nahm. Diese Eigenschaft hatten nicht alle Alpha-Blogger damals.

Aus dem Jahr 2018 betrachtet war die damalige Phase erstaunlich kurz: Die Zeit, in der in der Blogosphäre wirklich die Hoffnung herrschte, so etwas wie ein alternatives, dezentrales Mediensystem werden zu können, das öffentliche Aufmerksamkeit erhält (also das, was abgesehen von der Dezentralität später Youtubern gelang). Die Amerikaner hatten Andrew Sullivan, wir hatten Robert Basic. Was beides Vor- und Nachteile hatte. Ich habe vorhin im Archiv einen Blogeintrag gefunden, in dem ich vor ziemlich genau zehn Jahren den “Tod der deutschen Blogosphäre” verkünde und dort über “Themeninzucht und Monokultur” die Augen rolle. Das Posting hatte eine Menge Leser und Trackbacks, weil genau diese Meta-Debatten gierig verfolgt wurden. Aber eben fast ausschließlich von der Blogosphäre selbst. 2009 dann wurde Basic Thinking verkauft, deutschsprachige Blogs diffundierten damals schon Richtung Twitter, Facebook und ein paar Tech-Nischenseiten.

Und doch bleibt mir alles wie so viele Subkulturen im Gedächtnis, in deren Peripherie ich mich im Laufe meines Lebens bewegt habe. Alles schrumpft im Rückblick, statt Zeitzeuge einer Revolution gewesen zu sein, bleibt ein Haufen teils schräger Figuren im Gedächtnis, denen du immer wieder mal begegnet bist und mit denen dich irgendwas verbindet – oft nur Raum und Zeit, manchmal Abneigung, im besten Falle Freundschaft. Viele dieser Figuren vergisst du. Wer in den Nullerjahren irgendwie näher mit der deutschen Internetszene zu tun hatte, wird Robert Basic sicher nicht vergessen. Und wenn die „Geschichte des Internets in Deutschland“ einmal geschrieben werden sollte, steht unter B wie Blogger sicherlich auch: Blogger wie Basic.

Nachrufe im Netzfeuilleton, Speeblick, BasicThinking

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.