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Selbstprovinzialisierung als europäische Strategie

Framing Crashed (8): Provincializing Europe?

Adam Tooze mit einem langen Aufriss über die Frage, ob Europa inzwischen weltpolitische Provinz ist. Wie es sich für einen Historiker gehört, nimmt er dabei auch die Rezeptionsgeschichte der 1960er in den Blick und spannt den Bogen zur Finanzkrise 2008. Die hat er ja bereits in seinem Buch „Crashed“ als transatlantische Finanzkrise identifiziert, die mit Asien fast nichts zu tun hatte. Seitdem (aber eben vor allem seitdem) habe Europa wirklich an Einfluss verloren, womit er zur Pointe kommt – dem eigenen Anteil daran in den vergangenen Jahrzehnten:

„Die Europäer produzieren unaufhörlich und aktiv ihre eigene diskursive Provinzialisierung. Globalisierung wird als etwas dargestellt, das Europa von außen ‚passiert‘, statt etwas, zu dem die EU und europäische Firmen als wichtige Handels- und Finanzknotenpunkte beitragen. Ganz zu schweigen von ihrem Beitrag durch die Tolerierung und aktiven Ermunterung zu skandalöser Steuerumgehung globaler Unternehmen. Warum nehmen sie eine solche Position absichtlicher Unklarheit und Marginalisierung ein? Nun, denken wir an die Schweiz. Was könnte provinzieller sein? Was mehr profitabel? Es ist eine Strategie des Mitnehmens auf Kosten der Geschichte und des politischen Handelns.“

Zum Kontext der Erzählung „Wir sind der Globalisierung ausgeliefert“ gehört, dass viele Zentrumskräfte in Europa am Status Quo nichts ändern möchten und sich so einem bequemen Narrativ hingeben, das sie von Verantwortung freispricht und zugleich dafür sorgt, sich nicht aktiv mit dem Fundament der neoliberalen Wirtschaftsordnung auseinandersetzen zu müssen. Diese Entpolitisierung liefert der Europa-Skepsis weit über das Lager der Renationalisten hinaus Futter.

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