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Twitter Audio und synthetische Medien

Twitter-Sprachnachrichten: Im ersten Moment klingt das gut, eine neue Dimension, in der es vielleicht gesündere Diskussionsformen gibt.

Realistischerweise wird Twitter die Probleme weiter mit sich herumschleppen, die es mit langjähriger Produktvernachlässigung selbst geschaffen hat. Nehmen wir die etablierten Mechanismen zum Niedermachen: Zunächst lassen Sprachtweets die Möglichkeit aufscheinen, dass es weniger verbales Mobbing gibt. Das könnte insofern stimmen, als Sockenpuppen-Accounts per se raus wären und es erst einmal ein psychologisches Hindernis ist, jemanden öffentlich per Sprachnachricht zu beleidigen. Allerdings gibt es genügend Möglichkeiten zur digitalen Stimmmodulation, am Ende könnte Audio-Twitter sogar noch trolliger sein, wenn Threads voller Anonymous-Video-Stimmen hängen.

Om Malik weist bei sich drüben auf den Kontext synthetischer Medien hin – zum Beispiel neue Twitter-Promis, die auf rein computergenerierter Stimme und Software basieren. Wichtiger ist der Hinweis auf Sprach-Samples: Denn logischerweise entsteht eine neue Datenbank, und zwar öffentlich.

Das ermöglicht zum Beispiel recht einfach Audio-Deep-Fakes. Nicht unbedingt auf der Plattform selbst, sondern anderswo. Sei es als Mobbing-Instrument (synthetisiert Nach-äffen, auf Youtube stellen), als manipulierte Aussage, oder um personalisierten Spam zu produzieren. Darüber habe ich mir tatsächlich selber Gedanken gemacht, bevor ich ins Radio gegangen bin: Denn natürlich muss ich davon ausgehen, dass meine Stimme in irgendeiner Form synthetisiert verwendet werden wird, sobald sie einen bestimmten Online-Fußabdruck hinterlässt.

Es gibt in diesem Zusammenhang auch die Frage nach „Sentiment Analysis“, also algorithmisierter Stimmungsanalyse anhand der Audio-Auswertung für charakterbasierte Werbung. Wäre Audio ein Instagram-Feature, würde ich das sofort glauben. Twitter und Jack traue ich das nicht zu. Allerdings nicht aus ethischen Gründen, sondern weil ich der Firma grundsätzlich wenig Strategie zutraue, jenseits von „Audio ist das nächste große Ding, lass uns was mit Microcasts ausprobieren“.

Zumindest scheint Twitter großes Vertrauen in ihr Machine-Learning zu haben, Audio-Content moderieren zu können. Eventuell wird es auch keine Audio-Antworttweets geben, oder Audio-Antworten nur für „eingeladene“ Nutzer. Das könnte zumindest interessante Inseln entstehen lassen. Und „interessante Inseln in einem Meer von Müll“ beschreibt Twitter ja ganz gut.

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