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Daten, hinterlassen und erfasst

#130: Every Man and Woman Is a Star

„Das [englische] Wort „Exhaust“ [Ausstoß] ist eine populäre Metapher geworden, die alle Daten bezeichnet, die die Welt ständig erzeugt und die verschwendet sind, wenn wir sie nicht erfassen. Eine Vielzahl von Objekten und Prozessen hinterlassen einen solchen Ausstoß, schon immer. Historisch hat uns allerdings die Fähigkeit gefehlt, auch nur den kleinsten Teil der in der Welt erzeugten Information zu erfassen, und wir lassen weiterhin zu, dass die meisten dieser Daten sich als Ausstoß in Luft auflösen.

Die Anstrengungen des 20. Jahrhunderts, überzeugende globale Wettermodelle zu entwickeln, sind ziemlich klar und stammen sogar noch aus der Zeit vor dem PC. Aber die neueren Revolutionen, vollständig durch das Mobiltelefon angetrieben, haben es ermöglicht, einen sehr viel größeren Teil des individuellen Datenausstoßes eines Menschen zu erfassen: Was wir tun, was wir sehen und hören, und natürlich sogar, was wir denken. Das Leben in der Lockdown-Blase hat dies noch beschleunigt, weil wir uns sehr viel länger in digital-vermittelten Umfeldern aufhielten. Es wäre wahrscheinlich möglich, die erlebte Erfahrung eines Menschen während der Pandemie vollständig zu rekonstruieren, wenn wir dafür die Ganzheit der Daten verwenden könnten, die er erzeugt hat.“

Drew Austins gesamtes Essay (und sein Newsletter grundsätzlich) sind lesenswert. Was an der „Daten = Öl“-Metapher fehlt, ist die Frage nach der Qualität: Denn Datenpunkte lassen sich theoretisch beinahe unendlich sammeln, abhängig von der Zahl digitaler und physischer Sensoren sowie kultureller/rechtlicher Daten-Philosophie (Schutz, Verwertung, Überwachung). Aber die Qualität und Aussagekraft dieser Datenpunkte hat entscheidenden Einfluss darauf, ob die Auswertung überhaupt Sinn ergibt. Wie wir zum Beispiel gerade bei den Machine-Learning-Anstrengungen diverser Branchen sehen. Oder ob sie keinen Sinn ergeben, dort aber trotzdem Schlüsse gezogen werden.

„You get what you measure“ hat in diesem Zusammenhang auch noch eine weitere Bedeutung: Die Datenpunkte beeinflussen das Verhalten, führen zu Optimierung: Bei denen, die sammeln, aber eben auch bei jenen, die Daten abgeben. Das offensichtlichste Beispiel ist Social Media, eine Art Wechselwirkung von an die Metriken angepasstem Verhalten (der Ausstoßenden) und Verhaltensmanipulation (der Einsammelnden) durch Betonung/Anpassung bestimmter Metriken. Die Folgen der daraus entstehenden Wechselwirkung können wir allzu gut um uns herum beobachten.

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