In unserer USA-Zeit hatten wir einmal überlegt, nach Miami zu ziehen. Wir waren sogar zweieinhalb Wochen dort, um Wohnungen zu suchen, entschieden uns aber schließlich für Austin. Weil Miami ein wirklich seltsamer Ort ist.
Die Menschen sind körperlich völlig optimiert und verwenden darauf viel Zeit, machen aber (dennoch oder deswegen) einen ziemlich unglücklichen Eindruck. Die Stadt ist komplett auf das Auto ausgerichtet – und zwar durch das Wesen der Stadt und frühere Planungsentscheidungen so, dass sich das wahrscheinlich nie ändern lassen wird. Und erschwingliche Wohnungen beschränken sich auf ein Duopol aus uniformen Apartment-Komplexen und dunklen Löchern.
Die nun eingestürzten Champlain Towers South lagen seinerzeit auf meiner Laufstrecke am Meer entlang. Ich habe mich damals viel mit Miami Beach beschäftigt: Schon seit Jahren lässt die Springflut dort regelmäßig Straßen und Parkhäuser volllaufen. Wenn trockengelegtes Sumpfland einsinkt und gleichzeitig der Meeresspiegel steigt, führt das langsam zu Instabilität, wie man im Süden der USA weiß. Florida als Ganzes ist noch einmal ein besonderer Fall, weil es so flach ist, dass es bei steigendem Meeresspiegel mittelfristig nicht mehr entwässert werden kann. In einer ehemaligen Sumpflandschaft ist das ein Problem, das in den nächsten Jahrzehnten das Leben dort teilweise ziemlich ungemütlich machen wird.
Ich schreibe das alles, weil Bewegungen im Untergrund wahrscheinlich mit dem Einsturz zusammenhängen. Neben den für Florida typischen Bau- und Instandhaltungssünden vermutlich (ein Bundesstaat, in dem einigen Statistiken zufolge Immobilienmakler die größte Berufsgruppe sind). Und ich erinnere mich an die Aussage eines Städteforschers, den ich damals in irgendeinem Podcast hörte: In Zeiten der Erderhitzung sind die teuren Strandlagen von heute die Slums von morgen, lautete seine Prognose. Vielleicht sehen wir gerade die ersten tragischen Signale.