Dummy für ein Kurzformat aus dem Internet-Observatorium (ca. 2x die Woche, Feedback gerne in den Kommentaren)
Schrödingers NSO
Auch in den aktuellen Enthüllungen zur Pegasus-Spionagesoftare bleibt die NSO-Group in ihren Widersprüchen verheddert: Auf der einen Seite behauptet die Firma stets, man wisse gar nicht, was mit der Software gemacht werde, da man nur lizensiere und technischen Support leiste. Auf der anderen Seite betont man auch, dass man regelmäßig überprüfe, ob Missbrauch (also die Nutzung jenseits von Terrorismusbekämpfung oder Kriminalitätsbekämpfung) stattfinde. „Wenn man Missbrauch feststelle“, präzisiert man auf Nachfrage. Aber wie stellt man Missbrauch fest? Wird dann de facto nur überprüft, was öffentlich in den Medien zu lesen ist? Man ahnt, wie ernst es die Firma mit dieser „Überprüfung“ meint.
Ganz ähnlich ist es ja bei der WhatsApp-Klage. Dort argumentiert die NSO: Eigentlich müssten die der WhatsApp-Überwachung beschuldigten Länder an der Verhandlung teilnehmen, weil sonst ihre Interessen verletzt werden könnten. Weil sie aber als souveräne Länder quasi Immunität genießen, könnten sie aber gar nicht am Prozess teilnehmen. Welche Länder nun bei WhatsApp spioniert haben und was ihre Interessen sein könnten, benennt NSO natürlich nicht.
Die China-Karte, richtig gespielt
Intel will dem Vernehmen nach für 30 Milliarden US-Dollar den Auftragsfertiger Globalfoundries kaufen (Details WSJ), der 2009 als Ausgründung des Erzrivalen AMD entstand. Unter normalen Umständen müssten die Wettbewerbshüter auf die Barrikaden gehen, aber das Argument „sonst sind die USA zu sehr von Taiwan (TSMC) und der dortigen Sicherheitslage – also de facto auch dem Verhältnis zu China – abhängig“, zieht gerade gut. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte hier weniger Glück: Seit 2018 ist sein Argument gegen wettbewerbsrechtliche Maßnahmen bekanntlich „Vorsicht, sonst überholt uns China“. Wäre der Facebook-Ruf nicht schon vor Jahren kaputt gegangen, könnte er das Argument im Zusammenhang mit TikTok sicherlich inzwischen glaubwürdiger anbringen. „Glaubwürdiger“, aber nicht glaubwürdig. Und auch für Intel schwimmt ja nur deshalb auf der geopolitischen Welle, weil man sich mit Globalfoundries die alte Relevanz zurückkaufen möchte.
Gott aus der Maschine
Linda Kinstler geht für die New York Times der Frage nach, welche Rolle Gott spielen sollte, wenn wir von „ethischer Künstlicher Intelligenz“ sprechen. Ein außergewöhnliches, mehrdimensionales Stück – zum Beispiel über die Anthropomorphisierung sprechender Systeme, soweit diese entsprechendes Kontext-Wissen für spirituelle Gespräche besitzen. So bilanziert ein Forscher, der ein entsprechendes Experiment durchführte:
„Across all religious backgrounds, exchanges with the virtual assistants triggered some of the participants’ deepest memories — going to church with their parents, for example, or recalling a father’s favorite line from the Bible — that the experiment often veered into a profoundly “emotional mode.” The ease with which the devices were able to reach people’s inner worlds and most intimate thoughts alarmed him.“
Man kombiniere diese Anthropomorphisierung mit besserem Kontext-Verständnis des Computers, unendlichen Datenbank-Zugriffen, Verhaltenspsychologie und Optimierung… und man kann einen Blick in eine mögliche Zukunft werfen:
„The human-machine relationship has grown ever more complex, our spirits and souls that much more intertwined with our data and devices. When we gaze at our screens, we also connect with our memories, beliefs and desires. Our social media profiles log where we live, whom we love, what we lack and what we want to happen when we die. Artificial intelligence can do far more — it can mimic our voices, writings and thoughts. It can cull through our pasts to point the way to our futures.“