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Kulturlandschaftssehnsucht

Julia Encke hat jüngst in der FAS den Trend zur Dorfliteratur aufgespießt. Sie zitiert aus Juli Zehs neuem Roman, in dem die Protagonistin feststellt, dass sie anders als in der Stadt es mit einer „herrschsüchtigen Natur, die alles überwuchert, was sie in die rankigen Finger kriegt“ zu tun hat.

Ich musste schmunzeln. Nicht, weil ich als Dorfkind die Dorfsehnsucht nicht nachvollziehen könnte. Sondern weil wir es natürlich in unseren Gefilden nicht mit einer „herrschsüchtigen Natur“ zu tun haben, ja womöglich gar nicht mit „Natur“ im engeren Sinne.

Wir leben in einer Kulturlandschaft. Umrahmt von Flächen, die seit Jahrhunderten aus landwirtschaftlichen Rechtecken bestehen. In Sichtweite von stillen Wäldern, aus denen eher selten Tierbesuch droht, und in denen dem Traktor noch für die entlegenste Ecke eine Waldweg-Schneise geschlagen wurde.

Das alles sind freilich keine Neuerungen aus den vergangenen Jahrzehnten, sondern vollzieht sich schon über Jahrhunderte; und eben auch Teil jener zivilisatorischen Entwicklung, die Europa zu dem gemacht haben, was es ist. Und dass wir Deutschen dennoch eine Sehnsucht entwickeln, Stadtmenschen eine gewisse Ursprünglichkeit in diese Landschaft projizieren – das ist am Ende womöglich ja auch ein gutes Zeichen, weil wir uns ausnahmsweise mal mit geringeren Ansprüchen zufrieden geben.

Ein Gedanke zu „Kulturlandschaftssehnsucht“

  1. Das ist ja auch seit vielen Jahren mein Reden. Aaaber … seitdem wir ein Stück (rund 700 Quadratmeter) Grabeland haben, das ist sowas wie ein Schrebergarten, nur ohne Strom und fliessend Wasser und vor allem ohne Regeln … seitdem kann ich verstehen, was Frau Zeh mit „herrschsüchtig“ meint, auch wenn ich es eher nicht „Natur“ sondern nur „Flora und Fauna“ nennen würde. Brombeeren und Wühlmäuse, ey … kommste nicht gegen an. Uns fehlt da vielleicht ein Wort.

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