Was mich gerade nervös macht: Das allgemeine Unwissen über die komplexen Abhängigkeiten in einer modernen Industriegesellschaft und die Anzahl von Substanzen und Teilen, die nur in einem / sehr wenigen Werken produziert werden & deren Wegfall katastrophale Auswirkungen hat. /1
— Frank Rieger (@frank_rieger) April 3, 2022
Dieser Thread von Frank Rieger spricht für sich selbst, allerdings auch von mir hier nochmal „for the record“, wie man im Angelsächsischen sagt: Ich hielte es für einen großen Fehler, sollte Deutschland ein Energiekauf-Embargo gegen Russland verhängen, zumindest, wenn es Gas beinhaltet. Ich gehe jetzt nicht näher auf die Diskussion unter Ökonomen ein, aber es scheint mir relativ logisch, dass es Wechselwirkungen in den Lieferketten gibt und Fabriken nicht einfach so aus- und eingeschaltet werden können. Und ob die vielbeschriebene Elastizität wirklich für spezielle chemische Prozesse gegeben ist, wäre angesichts der angespannten Rohstofflage erst noch zu beweisen.
Natürlich ist es verständlich, aber eben auch ein bisschen sehr einfach, aus dem politisch-publizistischen Raum hier „Haltung“ zu fordern, ohne auf die realwirtschaftlichen Implikationen in ihrer Komplexität einzugehen. Was richtig ist: Ohne die Devisenimporte fällt es der russischen Regierung deutlich schwerer, den Rubel zu stabilisieren. Was aber auch richtig ist: In den nächsten Monaten würde sich an der Kriegsbeschaffung wahrscheinlich insofern nichts ändern, also alle westlichen Ersatzteile etc. ohnehin schon von den Sanktionen betroffen sind. Und ich denke, dass eine Wirtschaftskrise in der EU mittelfristig eher zu einer Stärkung autoritärer Tendenzen beitragen würde, als zu einer Schwächung der Putin-Regierung.
Ich bin kein Experte, womöglich täusche ich mich auch. Aber ich würde ungern das Risiko eingehen, das Szenario testen zu müssen. Es scheint mir andere Wege wie z.B. Zölle zu geben, über die man eher nachdenken sollte.