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20 Jahre

Vor 20 Jahren begann der Irak-Krieg. Ich will nicht schon wieder das Zeitenwende-Meme verwenden, aber das war es in der Tat: Ein historischer Umschlagpunkt der Geschichte. Einige Folgen der Invasion:

  • Die Destabilisierung des Nahen Ostens und der arabischen Welt, das offene und der offene Ausbruch des Konflikts Sunniten vs. Schiiten (und innerhalb der jeweiligen Glaubensrichtungen) rund um den Golf und darüber hinaus.
  • Die arabischen Revolutionen und ihr Backlash. Daraus folgend der Syrien-Krieg und damit die Flüchtlingsbewegungen 2015. Letztere wiederum mit Folgen für Stabilität EU-Europas und für das deutsche Parteiensystem.
  • Die Evolution des islamistischen Terrorismus von Al-Quaida zu ISIS, dazu der beschleunigte Export des islamistischen Terrorismus auf den afrikanischen Kontinent.
  • Die Militarisierung der Politik im Irak.
  • Das Ende der Glaubwürdigkeit des „Westens“ als vertrauenswürdige und auf moralischen Prinzipien aufbauende Ordnungsmacht.
  • Der „Imperial Overstretch“ der USA und daraus abgeleitet eine wachsende Abneigung gegenüber der Rolle des Weltpolizisten (ohne allerdings, siehe aktuell der China-Konflikt, ein Ende des hegemonialen Selbstverständnisses). Zumindest teilweise aus der imperialen Überdehnung abgeleitet: Die innere Destabilisierung der Vereinigten Staaten.

Vor allem der vorletzte Punkt, die Glaubwürdigkeitsfrage, ist in diesen Zeiten von großer Relevanz. Dass der Süden der Welt eben nicht entsetzt aufschreit, wenn das Putin-Russland die Ukraine überfällt, lässt sich nicht nur mit der geographischen Entfernung erklären. Sondern auch mit einem Misstrauen gegenüber den Motiven der USA und des gesamten Westens; der Irak-Einmarsch mit seinen fadenscheinigen Friedensargumenten war insofern eine Kontinuität der Rolle, die die USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika und Asien ausfüllte.

Politisch, darauf hat John Gray im New Statesman hingewiesen, ist der damalige Sturz Saddam Husseins auch eine Warnung an den Westen: Regimewechsel haben Konsequenzen, die sich nicht kalkulieren lassen. Das gilt auch für Russland, sofern ein Sturz des Putin-Regimes zu den bislang weiterhin nicht wirklich kommunizierten Endgame-Szenarien gehören sollte.

Und schließlich: Wenn wir im Jahr 2023 vom Irak reden, müssen wir auch von der Klimakrise sprechen. Bereits jetzt steigen im Süden des Landes die Sommertemperaturen auf 45+ Grad (dieser Artikel von n+1 beschreibt die Klima-Realitäten ausführlich). Ein instabiles Land wird sich niemals friedlich mit den Folgen der weiteren Erhitzung auseinandersetzen können.

Lesestoff zu 20 Jahren Irak-Krieg:

 

 

 

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